„Stuttgart 21“: Staat lässt Bahn weiterbauen

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Der Aufsichtsrat hält trotz Mehrkosten von über zwei Milliarden Euro am umstrittenen Tiefbahnhof fest.

Berlin/Gau. Der neue Stuttgarter Bahnhof soll unter der Erde liegen, und viele Gegner sehen ihn bereits als Milliardengrab: Statt wie geplant 4,5Mrd. wird das umstrittene Projekt bis zu 6,5Mrd. Euro kosten. Frühestens Ende 2022 können dort Züge verkehren, drei Jahre später als geplant. Die Deutsche Bahn hält trotzdem an dem Projekt fest. Der Bund als Eigentümer überlegte erst einen Ausstieg. Doch am Dienstag gab der Aufsichtsrat grünes Licht für den Weiterbau.

Wegen des unglücklichen Umgangs mit den Bürgerprotesten gegen „Stuttgart 21“ musste die CDU ihre Macht im Südwesten an die Grünen abgeben. Dass nun auch Kosten und Zeitplan der Megabaustelle aus dem Ruder laufen, macht sich im Wahlkampf gar nicht gut. Bahn-Chef Rüdiger Grube gibt zu: „Mit dem heutigen Kenntnisstand würde man das Projekt nicht beginnen“, schon ab 1,1Mrd. Mehrkosten schreibe man Verluste.

Klagen gegen Stadt und Land

Aber jetzt auszusteigen, käme noch teurer. Die Bahn rechnet mit zwei Mrd., um etwa Baufirmen zu entschädigen und die an die Stadt verkauften Grundstücke teuer zurückzukaufen. Das sei viel zu hoch gegriffen, meinen Projektgegner, für die ein Ausstieg nur 400 bis 600Mio. kosten müsste. Selbst nach der Kalkulation der Bahn beträgt die Kostendifferenz zwischen Weiterbau und Ausstieg gerade mal 70Mio. – eine sehr vage Entscheidungsgrundlage.

Der Bund aber ließ sich überzeugen. Vielleicht will Kanzlerin Merkel auch nur Ruhe bis zum Wahltermin im Herbst. Baden-Württemberg und Stuttgart wollen sich jedenfalls nicht an den Mehrkosten beteiligen. Ihr Anteil (beim Land 930Mio.) sei freiwillig, zu mehr könne sie niemand zwingen. Der Bund erlaubt nun der Bahn, die Beteiligung an den Mehrkosten notfalls einzuklagen. Weiters soll die Großbaustelle in eine eigene Gesellschaft samt Beirat ausgelagert werden, um die Kontrolle zu verbessern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2013)

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