Pakistan: 3000 Muslime verwüsten christliches Viertel

Pakistan: 3000 Moslems verwüsten christliches Viertel
Pakistan: 3000 Moslems verwüsten christliches Viertel(c) REUTERS
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Weil ein 28-Jähriger angeblich Mohammed beleidigt hat, wurden mehr als hundert Häuser angezündet. Die Polizei tätigte 150 Festnahmen. Vier ranghohe Beamte wurden wegen Nachlässigkeit suspendiert.

In der Großstadt Lahore im Osten Pakistans haben tausende aufgebrachte Muslime mehr als hundert Häuser von Christen in Brand gesetzt. Rund 3000 Muslime beteiligten sich laut Polizeiangaben vom Sonntag an den Verwüstungen im christlichen Viertel Joseph Colony. Hintergrund der Ausschreitungen vom Samstag war demnach ein Streit zwischen zwei betrunkenen Freunden, bei dem einer der beiden den Propheten Mohammed beleidigt haben soll. 150 Personen wurden festgenommen.

Am Freitag war der Christ Sawan Masih festgenommen worden, nachdem sein muslimischer Freund Shahid Imran sich über blasphemische Äußerungen Masihs beklagt hatte. Demnach machte der 28-jährige Masih am Mittwoch abfällige Bemerkungen über den Propheten. Viele Christen flohen schon am Freitag vorsorglich, weil sie Racheakte befürchteten.

Die randalierende Menge setzte am Samstag Möbel, Rikshas, Fahrräder und Motorräder in Brand. Ein AFP-Reporter berichtete von dichten Rauchwolken über dem Wohngebiet mit vorwiegend bescheidenen Zwei-Zimmer-Häusern. Die Polizei vertrieb die Randalierer mit Schlagstöcken. Bei den Auseinandersetzungen wurden 20 Polizisten leicht verletzt, Todesopfer gab es keine.

Beamte zu nachlässig

Ein Sprecher der Provinzregierung von Punjab sagte dem Fernsehsender Geo, die Täter würden vor Anti-Terror-Gerichte gestellt. Eine Sprecherin der Polizei von Punjab erklärte, nach den Ausschreitungen seien vier ranghohe Beamte wegen Nachlässigkeit und der Unfähigkeit, den Mob in Schach zu halten, ihrer Ämter enthoben worden.

Zahlreiche Menschen, die wegen der Brandstiftungen ihre Häuser verloren, verbrachten die Nacht auf Sonntag in notdürftig errichteten Zelten. Am Sonntag protestierten sie vor den Ruinen ihrer Häuser. Nach Angaben der Provinzregierung von Punjab erhält jede betroffene Familie umgerechnet rund 1500 Euro Entschädigung, zudem sagten die Behörden zu, für die Reparaturarbeiten der Häuser aufzukommen.

Strikte Blasphemie-Gesetze oft missbraucht

Berichte über Beleidigungen des Propheten führen in Pakistan immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen - unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt. Menschenrechtsaktivisten beklagen, dass die strikten Blasphemie-Gesetze oft dazu missbraucht würden, persönliche Streitigkeiten auszutragen. Auf Beleidigungen des Propheten Mohammed steht in Pakistan die Todesstrafe.

Für Aufsehen hatte im vergangenen Jahr der Fall der jungen Christin Rimsha gesorgt. Die 14-Jährige war unter dem Vorwurf festgenommen worden, Seiten aus dem Koran verbrannt zu haben. Darauf steht nach dem umstrittenen Blasphemiegesetz bis zu lebenslange Haft. Die Anklage wurde später fallen gelassen. Ermittelt wurde dagegen gegen einen Imam wegen des Verdachts, Beweise gegen Rimsha gefälscht zu haben. Seit ihrer Freilassung wohnt Rimsha mit ihrer Familie an einem geheimen Ort unter Polizeischutz. Christen stellen weniger als zwei Prozent der mehr 180 Millionen Pakistaner.

(APA/AFP/dpa)

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