Rücktritt der Vatikanbank-Chefs nährt Spekulationen

Das IOR im Vatikan ist die letzten Monate Zentrum intensiver Spekulationen, nicht nur im finanziellen Sinn.
Das IOR im Vatikan ist die letzten Monate Zentrum intensiver Spekulationen, nicht nur im finanziellen Sinn.(c) EPA
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Der Rücktritt soll nicht freiwillig erfolgt sein, mutmaßen Zeitungen. Sowohl Cipriani als auch sein Vize Tulli sollen Verbindungen zum verhafteten Prälaten Scarano gepflegt haben.

Der Rücktritt vom Generaldirektor der skandalumwitterten Vatikanbank IOR, Paolo Cipriani, und seines Vize, Massimo Tulli, wirft Fragen über die Zukunft des Geldhauses auf. Die beiden Banker sind stark unter Beschuss geraten, weil sie verdächtigt werden, Geldwäsche-Operationen genehmigt zu haben, die am Freitag zur Festnahme des Vatikan-Prälats Nunzio Scarano geführt haben. Sowohl Cipriani als auch Tulli sollen enge Verbindungen zu Monsignore Scarano, dem Rechnungsprüfer bei der vatikanischen Güterverwaltung APSA, gepflegt haben.

Nach Angaben italienischer Medien sei der Rücktritt der beiden Manager nicht aus eigenem Antrieb erfolgt. De facto seien Cipriani und Tulli entlassen worden, berichtete die Zeitung "Corriere delle Sera". Sie seien zum Rücktritt bewogen worden, weil gegen sie ermittelt werde.

Nur 7,3 Prozent "Inlandskunden"

Sechs Milliarden Euro verwaltet die Vatikanbank. 7,3 Prozent ihrer Kunden kommen aus dem Vatikan. Der Nettogewinn betrug im vergangenen Jahr 86,6 Millionen Euro. 33.000 Konten meldet die Bank, mehr als 5000 religiöse Institutionen verwalten hier ihr Geld. Der weitaus größte Teil der Kunden (77 Prozent) stammt offiziellen Angaben zufolge aus Europa. Ein Konto können vatikanische Einrichtungen, Orden, Bischofskonferenzen, Bistümer, Klöster und andere kirchliche Einrichtungen eröffnen. Priester und Ordensleute benötigen eine besondere Beauftragung durch ihren Oberen.

Unter den Kunden des Istutio per le Opere die Religione (Institut für die religiösen Werke, IOR), wie die Bank mit vollem Namen heißt, sollen bis zuletzt auch Kriminelle gewesen sein, die die Abgeschiedenheit des Bankinstitutes lange ungestört für Korruption und Geldwäsche benutzen konnten, vermuten die römischen Ermittler. Soeben stellte der Expertenausschuss des Europarats Moneyval fest, das Bemühen des Vatikans um mehr Transparenz seiner Finanzen sei lobenswert, aber noch nicht ausreichend.

Franziskus' mangelnde Sympathie für IOR-Präsidenten Freyberg

In seinem Bestreben um mehr Transparenz ist Franziskus Kreisen zufolge auch mit IOR-Präsidenten Ernst von Freyberg in Konflikt geraten. Franziskus habe wenig Sympathie für den Banker, den sein Vorgänger Benedikt XVI. in den letzten Tagen vor seinem Rücktritt ernannt hatte. Daher habe der Papst Freyberg bisher auch nicht offiziell empfangen. Vor der Bestellung des Deutschen zum Chef der Vatikanbank war der Posten neun Monate lang vakant gewesen.

Der im Zuge der Ermittlungen am Freitag festgenommene Prälat Scarano ist am Montag in der römischen Strafanstalt Regina Coeli dem Haftprüfungsrichter vorgeführt worden, wie italienische Medien berichteten. Scarano muss sich gegen den Vorwurf verteidigen, an einer letztlich gescheiterten Überführung von 20 Millionen Euro Schwarzgeld aus der Schweiz beteiligt gewesen zu sein.

Scarano soll einem ebenfalls verhafteten ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter in diesem Zusammenhang 400.000 Euro gezahlt haben. Angeblich handelt es sich um Geld der mit Scarano befreundeten Reederfamilie D'Amico aus der gemeinsamen süditalienischen Heimat Salerno. Diese wollten das Geld angeblich auf ein Bankkonto der Vatikanbank IOR deponieren.

(APA)

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