Hells Angels: Schwarzgeld für Rennstrecke

Schwarzgeld fuer Rennstrecke
Schwarzgeld fuer Rennstrecke(c) EPA (RONALD WITTEK)
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Auf Mallorca wurden 25 Hells-Angels-Mitglieder festgenommen. Offenbar planten sie, mit Schwarzgeld eine Autorennstrecke auf der Insel zu errichten.

Palma de mallorca/Madrid. Sie lebten auf großem Fuß: in großzügigen Villen mit Pool und Luxusautos in der Garage. Aber auch Motorräder, auf deren Tanks das Hell-Angels-Symbol prangte – ein Totenkopf mit Flügeln. Nachdem ihnen die Polizei in Deutschland zunehmend das Leben schwergemacht hatte, verlagerten die Rocker ihre kriminellen Schutzgeld- und Zuhältergeschäfte nach Mallorca. An ihrer Spitze soll, nach den bisherigen Ermittlungen, der wohl berüchtigtste Hells-Angels-Boss Deutschlands gestanden haben: der 49-jährige Frank H. aus Hannover, der am Dienstag bei einer Großrazzia auf Mallorca festgenommen worden ist.

Zu Schönheitsoperationen gezwungen

Nach dem aufsehenerregenden Schlag, bei dem an verschiedenen Orten 25 Personen verhaftet worden waren, begannen am Mittwoch die Verhöre der Verdächtigen – die meisten sollen deutsche Rocker sein. Untersuchungsrichter Eloy Velasco vom Nationalen Gerichtshof in Madrid, der für organisierte Kriminalität zuständig ist, ermittelt hier seit einem Jahr gegen die Hells Angels und hat in dieser Zeit reichlich Belastungsmaterial zusammengetragen. In Linz kam es in diesem Zusammenhang ebenfalls zu Hausdurchsuchungen: Zwei Personen sollen Verbindungen zu den Hells Angels auf Mallorca haben.

Auch wenn sich die Polizei und Untersuchungsrichter bisher mit offiziellen Erklärungen zurückhalten, um weitere Ermittlungen und Festnahmen nicht zu gefährden, sickerten inzwischen Einzelheiten über das Treiben der Hells Angels auf Mallorca durch: Laut dem spanischen Innenministerium wollten die Hells Angels mehrere Millionen Euro an Schwarzgeld aus Deutschland und der Türkei in den Bau einer Autorennstrecke auf der Insel investieren. Zudem soll sich der Mallorca-Clan der „Höllenengel“ dem Geschäft der Prostitution, Schuldeneintreibung, Schutzgeldforderungen und Erpressung gewidmet haben.

Einige Sexarbeiterinnen sollen sogar zu kosmetischen Operationen gezwungen worden sein, um mehr „Geschäftserfolg“ zu haben, berichteten spanische Medien. Die sexuelle Ausbeutung der Frauen sei so weit gegangen, dass sie nur dann einen freien Tag bekamen, wenn sie wenigstens 1000 Euro eingenommen hatten, hieß es.

Schutzgelderpressung und Sexarbeit

Frank H., den die Fahnder seit Monaten beschattet hatten, wurde auf einer Finca im beschaulichen Örtchen Lloret im Inselzentrum festgesetzt. Er soll in dem Dorf mit 1400 Einwohnern bereits vor etwa einem Jahr ein Anwesen gekauft haben. Auf der Finca mit großem Garten suchten Fahnder mit Detektoren nach Verstecken mit Waffen und Geld.

Wahrscheinlich war es H. in Hannover, wo er mit seinen Leuten jahrelang das Rotlichtviertel kontrolliert haben soll, zu heiß geworden. Im Mai 2012 hatte die Polizei sein Anwesen bei Hannover gestürmt, die Vorwürfe gegen ihn ließen sich damals aber nicht erhärten. Im Juni 2012 verkündete er die Auflösung seiner Hell-Angels-Vereinigung in Hannover. Nach Einschätzung der Polizei lediglich ein Schachzug, um mit seinen Aktivitäten nach Mallorca umzuziehen.

Die Mallorca-Sektion der Hells Angels war nach Erkenntnissen der Polizei straff organisiert: Der Boss soll H. gewesen sein, in der zweiten Führungsebene teilten sich Hell Angels aus Luxemburg, der Dominikanischen Republik und Deutschland die Aufsicht über das Rotlicht- und Erpressungsgeschäft.

Die Drecksarbeit machten dann Handlanger, die als Türsteher, „Beschützer“ von Sexarbeiterinnen oder Schläger innerhalb von Rollkommandos beschäftigt waren. Die Rockerbande soll zudem versucht haben, von vorzugsweise deutschen Unternehmern auf Mallorca Schutzgeld zu erpressen. Auch Drogenhandel, Geldwäsche, Betrug und Gewaltdelikte werden ihnen angelastet.

Vier Polizisten als Helfer?

Die Polizei, die mit mehr als 200 Beamten, Sondereinsatzkommandos und sogar einigen deutschen Kripo-Beamten gegen die Hells Angels zugeschlagen hatte, fand bei mehr als 30 Hausdurchsuchungen Pistolen, abgesägte Schrotflinten und Schlagstöcke. Die meisten Hells Angels trainierten täglich in einem Box- und Fitnessstudio an der Playa de Palma, das ebenfalls zum Bandenimperium gehören soll.

Seit einigen Jahren war Mallorcas Polizei aufgefallen, dass immer mehr Hells Angels auf der Insel auftauchten. Im Sommer 2010 kam es zu einem Bandenkrieg samt Massenschlägerei zwischen Hells Angels und einer anderen Rockergruppe am Ballermann – auch damals soll es bereits um die Vorherrschaft im Rotlichtgeschäft gegangen sein.

Zudem wird wegen Bestechung ermittelt: Vier auf Mallorca stationierte Polizisten sollen die Hells Angels regelmäßig vor Polizeiaktionen gewarnt haben – dafür wurden die Beamten mit Geld belohnt. Nur bei der jetzigen Großrazzia, die unter strenger Geheimhaltung vom Nationalen Gerichtshof in Spaniens Hauptstadt Madrid vorbereitet worden war, versagten offenbar die Polizeispitzel der Hells Angels.

Auf einen Blick

Razzia. Bei einer Razzia auf der spanischen Insel Mallorca hat die Polizei 25 mutmaßliche Hells-Angels-Mitglieder festgenommen und verhört. Ihnen wird unter anderem Erpressung vorgeworfen, zudem sollen sie mit Schwarzgeld eine Autorennstrecke auf der Insel geplant haben. Im Mittelpunkt der Aktivitäten soll der Deutsche Frank H. stehen, der zuvor den Hells Angels in Hannover vorstand. Nachdem sein Anwesen bei Hannover vergangenes Jahr von der Polizei gestürmt worden ist, habe er seine Aktivitäten auf die spanische Insel verlagert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2013)

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