Vergewaltigung schockiert Indien

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Mehrere Männer haben in Bombay eine Fotografin sexuell missbraucht. Dabei galt die Stadt, im Gegensatz zu Neu-Delhi, als sicher für Frauen.

Bangkok/Neu-Delhi. Eine Gruppenvergewaltigung erschüttert – erneut – Indien: Mehrere Männer haben in der Finanzmetropole Bombay eine junge Fotojournalistin überfallen und missbraucht. Die junge Frau, die verschiedenen Berichten zufolge 22 oder 23 Jahre alt ist, hat am frühen Donnerstagabend gegen 18 Uhr in Begleitung eines Kollegen ein Gelände im Zentrum der Stadt betreten, auf dem sich stillgelegte Textilfabriken befinden. Dort wurden beide von fünf Männern überfallen.

Die Angreifer überwältigten und fesselten den männlichen Begleiter der Fotografin. Anschließend vergewaltigten sie die junge Frau, die dabei das Bewusstsein verlor. Als sie wieder zu sich kam, befreite sie ihren Kollegen. Mit einem Taxi fuhren die beiden in ein nahe gelegenes Krankenhaus, wo das Opfer derzeit noch behandelt wird. Ärzte bezeichneten dessen Zustand als „stabil“.

Polizisten nahmen daraufhin drei Dutzend Personen fest und verhörten sie. Ein Verdächtiger wurde verhaftet. Er soll die Tat mittlerweile gestanden haben. Zahlreiche indische Medien haben Phantombilder der vier anderen Verdächtigen veröffentlicht.

Proteste niedergeschlagen

Die Tat hat Bombay aufgerüttelt. Denn Bombay gilt, ganz im Gegensatz zur Hauptstadt Delhi, eigentlich gerade für Frauen als sicher. Es ist in der kosmopolitischen Megastadt vollkommen üblich, nach Einbruch der Dunkelheit Frauen allein oder in Gruppen durch die Straßen gehen zu sehen. In Delhi wäre das undenkbar. Der Abgeordnete und Staatsminister Milind Murli Deora schrieb auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: „Die Polizei in Bombay muss der gestrigen vermeintlichen Vergewaltigung so schnell wie möglich auf den Grund gehen und die Schuldigen bestrafen. Bombay ist stolz darauf, eine sichere Stadt für Frauen zu sein.“

Die Tat vom Donnerstag erinnert an die Gruppenvergewaltigung in Delhi, die im vergangenen Dezember weltweit für Schlagzeilen sorgte. Damals vergewaltigten sechs Männer in einem Bus eine 23-jährige Studentin und verletzten sie dabei so schwer, dass die Frau zwei Wochen später an ihren Verletzungen starb. Es folgten Proteste in Delhi und in anderen Städten, die niedergeschlagen wurden.

Einer der mutmaßlichen Täter wurde erhängt in seiner Gefängniszelle aufgefunden. Das Urteil gegen die übrigen wird Ende des Monats erwartet. Dabei hat ein Gericht in Delhi die Urteilsverkündung gegen den jüngsten mutmaßlichen Täter mehrfach verschoben. Dieser war zum Zeitpunkt der Tat minderjährig, weswegen er sich vor einem Jugendgericht verantworten muss. Zugleich soll er jedoch auch derjenige gewesen sein, der dem Opfer die schwersten Verletzungen zugefügt hat. Da das Jugendgericht maximal drei Jahre Haft in einer Besserungsanstalt verhängen kann, prüft derzeit ein übergeordnetes Gericht, ob man den Jugendlichen wegen der Schwere des Verbrechens als Erwachsenen behandeln sollte. In diesem Fall würde ihm die Todesstrafe drohen.

Studie: Jeder Zweite gewalttätig

Erst im vergangenen Monat hat ein Gericht sechs Männer, die im März eine Touristin aus der Schweiz vergewaltigt haben, zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Frau und ihr Ehemann waren auf Fahrrädern im Bundesstaat Madhya Pradesh unterwegs. In einem Wald im Datia-Distrikt haben die Angreifer das Paar überfallen, beraubt, den Mann überwältigt und anschließend das Verbrechen begangen.

Kurz nach dieser Tat hat die Regierung die Gesetze gegen Vergewaltigung verschärft. Vergewaltigern droht nun häufiger als bisher die Todesstrafe. Massive sexuelle Gewalt gegen Frauen ist jedoch nicht nur ein Problem in Indien. Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Vereinten Nationen zeichnet ein erschütterndes Bild: Forscher haben 10.000 Männer in Bangladesch, Kambodscha, China, Indonesien, Papua Neu-Guinea und Sri Lanka zu ihrem Sexualverhalten befragt. Die Hälfte der Befragten gab zu, schon einmal physische oder sexuelle Gewalt gegenüber einer Partnerin angewandt zu haben. Jeder Vierte gab an, schon einmal eine Frau vergewaltigt zu haben. Einer von 25 gab zu, an einer Gruppenvergewaltigung teilgenommen zu haben.

In der Studie heißt es weiter, dass Männer, die sexuelle Gewalt anwendeten, sich als „berechtigt“ empfänden, Frauen gegen ihren Willen zum Geschlechtsverkehr zu zwingen. Bei Männern, die vor allem in der Kindheit Opfer von Gewalt geworden seien, verdoppele sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie später Sexualverbrechen verübten. Die Zahl der Verbrechen nehme zu, wenn die Ungleichheit der Geschlechter hoch sei und wenn Hunger und Armut herrschten.

Auf einen Blick

Sexualverbrechen. In der indischen Finanzmetropole Bombay sollen fünf Männer eine Fotojournalistin überfallen und missbraucht haben. Die Fotografin war mit ihrem Kollegen auf einem Fabriksgelände unterwegs. Die Polizei verhörte drei Dutzend Männer, ein Verdächtiger wurde verhaftet. Er soll die Tat gestanden haben. Die Tat erinnert an die Gruppenvergewaltigung in Delhi im vergangenen Dezember; das Opfer erlag seinen Verletzungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2013)

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