Mallorca wird zur Mörderinsel

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SPAIN CRIME(c) APA/EPA/MONTSERRAT T DIEZ (MONTSERRAT T DIEZ)
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Nach dem zweiten Mord an ausländischen Pensionisten binnen einiger Monate wächst auf der spanischen Insel die Angst. Osteuropäische Banden treiben ihr Unwesen.

Palma de Mallorca. Nach dem zweiten tödlichen Raubüberfall auf ausländische Pensionisten binnen weniger Monate wächst auf der spanischen Ferieninsel Mallorca die Angst unter den vielen nicht spanischen Residenten. Zu Jahresbeginn starb ein 77-jähriger Schweizer Pensionist an den Folgen seiner schweren Verletzungen, die er bei einem brutalen Überfall in seiner Villa im Norden der Insel erlitten hatte. Vieles deutet darauf hin, dass eben dieselben skrupellosen Täter dahinterstecken, die vier Monate zuvor im Osten der Insel einen deutschen Rentner überfallen und ermordeten.

Die Mittelmeerinsel mit ihren rund 880.000 Bewohnern werde zunehmend „ein Paradies für die Mafia“, warnte die Zeitung „Diario de Mallorca“. Sie habe sich in ein „Rückzugsgebiet für das internationale Verbrechen verwandelt“. Die Kriminalität habe insgesamt im letzten Jahr um rund zehn Prozent zugenommen. Die Tourismusbranche sorgt sich, dass derartige Gewaltverbrechen an ausländischen Mallorca-Bewohnern, von denen viele ihren Lebensabend hier verbringen, das Image des Gebietes schwer beschädigen könnten.

Altem Mann die Knochen gebrochen

Im vergangenen Jahr verbrachten rund neun Millionen ausländische Touristen ihre Ferien auf Mallorca, vor allem Deutsche und Briten. Zudem leben mehr als 180.000 Ausländer ständig auf dem Eiland, davon allein 30.000 Deutsche.

Der Schweizer Kurt S. wurde Ende Dezember in seiner Finca in Pollensa attackiert. Die Täter hatten den pensionierten Hoteldirektor offenbar zuvor ausspioniert. Zwei maskierte Männer bedrängten den Schweizer, als er morgens aus seinem Haus gehen und die Zeitung aus dem Briefkasten holen wollte. Sie schleppten ihn in die Villa und sperrten seine spanische Ehefrau im Bad ein. Dann folterten sie den Mann, fügten ihm sogar einige Knochenbrüche zu – offenbar, um zu erfahren, wo sich Wertsachen befänden. Später flüchteten sie dann ohne größere Beute und ließen den Schwerverletzten, der im Krankenhaus starb, zurück.

„Handschrift von Ostblock-Verbrechern“

Ganz ähnlich lief Ende August 2013 der nicht minder brutale Überfall auf den 65-jährigen Deutschen Rainer V. und seine Frau Irene ab. Das Gastronomen-Ehepaar war in einer Wohnung im mallorquinischen Ort Sa Coma angegriffen worden. Zwei mit Motorradhelmen Maskierte prügelten immer wieder auf die gefesselten und hilflosen Pensionisten ein, um ein vermutetes Geldversteck zu finden. Rainer V., der angeblich kurz zuvor sein Restaurant an „russische Investoren“ verkauft hatte, starb noch in der Wohnung, seine Frau überlebte den Angriff schwer verletzt.

„Das ist die Handschrift von Verbrechern aus dem Ostblock“, empörte sich nach der jüngsten Gewalttat im Dezember ein deutscher Inselbewohner in der Leserbriefspalte einer lokalen Zeitung. Auch nach dem vorhergegangenen Raubmord an V. ist in Zuzüglerkreisen der Verdacht geäußert worden, dass eine osteuropäische Bande hinter der Tat stecken könnte. Die Polizei schließt nichts aus, tappt aber wohl noch im Dunkeln und schweigt vorerst.

Hells Angels und Russenmafia

2013 wurden gleich mehrere organisierte Verbrecherbanden auf der Baleareninsel zerschlagen: Im Sommer ließ die Polizei den Rocker- und Motorradklub Hells Angels hochgehen, der nach Meinung der Ermittler unter der Führung des ebenfalls verhafteten deutschen Rockerbosses Frank Hanebuth gestanden haben soll. Den Angels werden Erpressung, Drogenhandel, Körperverletzung, Prostitutionsgeschäfte und Geldwäsche vorgeworfen.

Im Dezember setzten die Fahnder auf Mallorca zudem acht Mitglieder einer russischen Mafiagruppe fest.

LEXIKON

Mallorca, die größte Insel der Balearen, misst rund 3600 Quadratkilometer, sie ist etwas kleiner als das Burgenland. Viele Völker (etwa Griechen, Römer, Vandalen, Oströmer, Araber) hatten sie in ihrem Besitz, 1349 wird sie von Peter IV. von Aragón erobert und bis zu ihrer Autonomie 1983 im Rahmen des spanischen Staates vom Festland aus regiert. 185.000 Ausländer, meist Unternehmer und Pensionisten, leben hier (21 Prozent der Bewohner).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2014)

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