Flug MH370: Vermisstes Flugzeug änderte Route

MALAYSIA PLANE MISSING
MALAYSIA PLANE MISSING(c) APA/EPA/AZHAR RAHIM
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Auf dem Militärradar ist eine neue Aufnahme aufgetaucht: Demnach ist die Boeing nach dem Start umgekehrt. Die Suche verlagert sich um hunderte Kilometer.

Wien/Kuala Lumpur. Vier Tage nach dem Verschwinden der Boeing 777-200 sind weder die ganze Maschine noch eventuelle Wrackteile gefunden worden. Am Dienstagnachmittag jedoch haben die Ermittler eine erste Spur des am Samstag verschollenen Flugzeuges der Linie Malaysia Airlines finden können: Aus Militärkreisen wurde verlautet, dass die Boeing die Straße von Malakka überflogen habe. Das würden Radaraufnahmen der Armee zeigen.

Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen fand der letzte Kontakt mit dem Flugzeug vor Kota Bharu nahe dem Golf von Thailand statt. Die Straße von Malakka befindet sich auf der anderen Seite des Golfes, an der Westküste der malaiischen Halbinsel, wo auch die Hauptstadt Kuala Lumpur ist. Sollte die Radaraufnahme beweisen, dass es sich um die verschollene Boeing handelt, dann ist das Flugzeug offenbar nach dem Start von Kuala Lumpur Richtung Golf von Thailand geflogen und dann wieder umgekehrt zur Straße von Malakka – unentdeckt auf einer Strecke mit hohem Verkehrsaufkommen. Auf dem Militärradar erscheint das Flugzeug – mit verringerter Flughöhe – um 2.40 Uhr, also rund eine Stunde nachdem die zivile Flugsicherung die Maschine auf den Bildschirmen verlor.

Einen Grund, warum die Piloten den Kurs gewechselt haben könnten, nannten die Ermittler nicht. Weder wurde ein Notruf entdeckt, noch konnten technische Probleme ausgemacht werden (die letzte Wartung der Boeing fand Ende Februar statt). Die Straße von Malakka liegt jedenfalls nicht auf der Flugroute nach Peking, wo die Maschine landen sollte.

„Gigantisches Medieninteresse“

Unterdessen verwarfen die Ermittler die These, dass es sich bei diesem rätselhaften Verschwinden um einen Terroranschlag handeln könnte. Zwei Passagiere, die mit gestohlenen Pässen unterwegs waren, hatten die Gerüchte genährt. Laut der internationalen Polizeibehörde Interpol handelt es sich bei den beiden Männern, 19 und 29Jahre alt, um Iraner. Sie waren aus Doha in Katar nach Malaysia gekommen, dort benutzten sie die falschen Identitäten. Der Jüngere von ihnen führte einen österreichischen Pass, der einem 61-jährigen Salzburger vor zwei Jahren in Thailand gestohlen worden war. Dieser wiederum berichtet der Austria Presse Agentur von einem „gigantischen Medieninteresse“: „Ich habe in den vergangenen zwei Tagen 71 Interviews gegeben, und zwar für Medien aus aller Welt.“

(c) Die Presse

Der Iraner mit dem österreichischen Pass wollte offenbar illegal nach Deutschland einreisen, wo er von seiner Mutter erwartet wurde. Sein Begleiter hatte einen gefälschten italienischen Pass. Laut Interpol könnten Menschenschmuggler die Reise der beiden logistisch zuwege gebracht haben.

Weiterhin rätselhaft für die Ermittler bleibt die Tatsache, dass mehrere Passagiere zwar für den Flug eingecheckt, das Flugzeug aber nicht betreten haben. Zunächst war von fünf Betroffenen die Rede, nun wurde die Zahl von der Fluggesellschaft auf vier korrigiert. Auch jene 239 Menschen, die sich an Bord befanden (zwei Drittel der Passagiere waren Chinesen), werden genauer unter die Lupe genommen. Die Ermittler verfolgen vier mögliche Szenarien: Entführung, Sabotage, psychologische Probleme bei Passagieren oder der Besatzung als Grundlage einer Selbstmordaktion oder persönliche Probleme. Es werde also untersucht, ob jemand Schulden habe oder hohe Versicherungen abschloss.

Nadel im Heuhaufen

Insgesamt zehn Länder beteiligen sich an der Suche nach möglichen Wrackteilen zwischen Vietnam und Malaysia. Bisher haben sich alle Funde als Fehlalarm erwiesen. Warum derart wenig Hinweise gefunden wurden, hängt nicht zuletzt vom Müll ab, der im Meer treibt, wie Greg Waldron von Flightglobal, einer Branchenwebseite der Luftfahrtindustrie, sagt: Plastik und Styropor würden bei der Radarsuche oft falschen Alarm auslösen.

Bisweilen sind die Ermittler nur auf ihre Augen angewiesen: „Man muss immer bedenken, dass es zwar ein sehr großes Flugzeug, aber im Vergleich zum Meer sehr klein ist. Es ist wie eine Nadel im Heuhaufen.“ (Ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2014)

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