Fährunglück in Südkorea: 290 Passagiere werden vermisst

Die Nacht unterbrach die Rettungsarbeiten rund um die gesunkene
Die Nacht unterbrach die Rettungsarbeiten rund um die gesunkene "Sewol" in Südkorea.(c) REUTERS (KIM HONG-JI)
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Die Fähre "Sewol" sank mit 460 Passagieren vor der Küste Südkoreas. An Bord waren viele Schüler. Die Küstenwache befürchtet, dass zahlreiche Passagiere im Inneren der Fähre eingeschlossen wurden.

Eine Fähre mit mehr als 460 Menschen an Bord ist vor der Südwestküste Südkoreas in Seenot geraten, zur Seite gekippt und gesunken. Mehr als 290 Passagier werden noch vermisst. Die Küstenwache befürchtet, dass zahlreiche Passagiere und Besatzungsmitglieder im Innern der "Sewol" eingeschlossen wurden.

An Bord waren laut CNN 325 Schüler und 15 Lehrer, die zu einem Ausflug in Richtung der südlichen Ferieninsel Cheju unterwegs waren. Zudem befanden sich 89 weitere Passagiere und 30 Besatzungsmitglieder am Schiff. Die Ursache des Unglücks vor der Südwestküste war noch unklar, die Fähre war in Seenot geraten.

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Die Route der Fähre.
Die Route der Fähre.(c) APA

Mehr als 170 Menschen wurden bislang von dem Schiff gerettet. "Ich musste schwimmen, um zu einem der Boote zu kommen. Das Wasser war so kalt, aber ich wollte leben", sagte ein Passagier dem Sender YTN. Vier  Menschen konnten nur mehr tot geborgen werden. Bei einem der Opfer handle es sich um ein weibliches Besatzungsmitglied, berichteten südkoreanische TV-Sender am Mittwoch.

Die Lage war unübersichtlich. Unklar war etwa, wie viele Menschen möglicherweise von herbeieilenden Fischerbooten in Sicherheit gebracht wurden. Kurz nach dem Untergang war zunächst von etwas mehr als 100 Vermissten die Rede gewesen, später korrigierte die Regierung diese Zahl, wie die nationale Nachrichtenagentur Yonhap berichtete.

Nach dem Eingang eines Notrufs der Besatzung lief eine groß angelegte Rettungsaktion an. Die Fähre hatte zunächst Schlagseite bekommen, bevor sie komplett sank. Schließlich ragte nur noch ein kleiner Teil des Rumpfs aus dem Wasser. Rundherum schwammen Trümmerteile und mindestens ein aufblasbares Rettungsboot.

"Es ist, als stürzte die Welt ein", sagte ein verzweifelter Vater, dessen 17-jähriger Sohn vermisst wurde. "Ich will jetzt meinen Sohn sehen." Eine Mutter hatte mehr Glück. Ihr Sohn habe ihr eine SMS geschrieben, dass er wohlauf sei, sagte sie. "Als ich das gelesen habe, dachte ich, mir bleibt das Herz stehen."

Warum die 20 Jahre alte "Sewol" bei offenbar ruhiger See kenterte, blieb zunächst unklar. Zur Zeit des Unglücks herrschte offenbar starker Nebel. Die Fähre könnte auf einen Felsen aufgelaufen sein. Er habe ein "starkes pochendes Geräusch" gehört, bevor das Schiff gestoppt habe, sagte ein Passagier per Telefon dem Kabelsender YTN. Medienberichten zufolge waren bis zu 100 Schiffe und 20 Hubschrauber im Rettungseinsatz. Auch die Marine habe Rettungseinheiten geschickt.

Für Verwirrung sorgten falsche Angaben über die Zahl der Passagiere und der Geretteten. Zunächst sprach die Regierung von 477 Menschen an Bord, 368 Geretteten und rund 100 Vermissten. Später räumte sie ein, dass den Angaben ein Rechenfehler zugrunde liege: Einige Passagiere seien doppelt gezählt worden. Was anfangs eine weitgehend erfolgreiche Rettungsaktion aussah, droht nun eine der größten Schiffskatastrophen der vergangenen 20 Jahre in Südkorea zu werden. Bei den Angehörigen der Vermissten kamen zur Verzweiflung noch Wut und Ärger über die Behörden. Zornig gingen sie auf Lokalpolitiker und Journalisten los, die bei einem Notlazarett mit Überlebenden sprechen wollten.

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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