Nach Fährunglück: Kritik an Kapitän und Besatzung

Die Suche nach den Vermissten läuft weiter.
Die Suche nach den Vermissten läuft weiter.(c) Reuters (Yonhap)
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Die Passagiere wurden angewiesen, sich nicht von der Stelle zu bewegen. Die Chancen, noch Überlebende zu finden, sind indes "nicht gleich Null".

Einen Tag nach dem Untergang einer Fähre vor der Südwestküste Südkoreas gerät die Schiffsbesatzung in die Kritik. Die Reaktion von Kapitän und Besatzung auf das Unglück seien mitunter falsch gewesen. Obwohl das Schiff in Schieflage geriet, habe die Brücke zunächst nicht die Evakuierung angeordnet, berichteten südkoreanische Medien am Donnerstag.

Überlebende kritisierten, dass sich mehr Passagiere hätten retten können, wenn diese nicht angewiesen worden wären, sich nicht von der Stelle zu bewegen. Hinterfragt wird zudem, warum die meisten Rettungsboote nicht zu Wasser gelassen worden seien. Kritik gibt es auch an den Behörden, die erst keine Zahlen liefern konnten und später die Angaben über Vermisste und Gerettete korrigieren mussten.

"Chance ist nicht gleich Null"

Indes suchen die Rettungsmannschaften weiter fieberhaft nach Überlebenden unter den fast 300 Vermissten. Die starke Strömung und schlechte Sicht erschwerten jedoch die Arbeiten an der Unglücksstelle, berichtete der südkoreanische Rundfunksender KBS Donnerstagfrüh. Allein von Mitternacht bis Donnerstagfrüh suchten Taucher nach Angaben der Regierung fünf Mal am Wrack der "Sewol" nach Hinweisen auf die Vermissten.

Zuvor hatten Rettungskräfte Medien zufolge an den Rumpf des gekenterten Schiffs gehämmert in der Hoffnung, eine Antwort aus dem Inneren zu erhalten. Experten schlossen zwar nicht aus, dass weitere Menschen überlebt haben könnten. Die Chance sei "nicht gleich Null", sagte David Jardine-Smith von der International Maritime Rescue Federation. Allerdings werde die Zeit knapp. Nach Berichten der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap beteiligten sich 169 Boote und 29 Flugzeuge an der Suche nach Überlebenden.

Die südkoreanische Präsidentin Park Geun Hye.
Die südkoreanische Präsidentin Park Geun Hye.(c) EPA (Yna)

Auch Südkoreas Staatspräsidentin Park Geun Hye hat sich an der Unglücksstelle ein Bild von der Suche nach den fast 300 Vermissten gemacht. Angesichts des kalten Wassers sei "jede Minute kritisch, falls es Überlebende gibt", sagte Park am Donnerstag laut der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap an Bord eines Schiffes nahe der Unfallstelle vor der Südwestküste.

Zahl der Todesopfer steigt

Die Zahl der bestätigten Todesopfer stieg nach Angaben des Krisenstabs der Regierung vorerst auf 25. Einige der Opfer waren Schüler. 270 Menschen gelten noch als vermisst. Es gebe nur wenig Hoffnung, dass die vermutlich im Inneren des gesunkenen Schiffes eingeschlossenen Menschen überlebt haben könnten, sagte Cho Yang-bok von den Rettungskräften dem Fernsehsender YTN.

Die Route der Fähre.
Die Route der Fähre.(c) APA

An Bord der "Sewol" hatten sich den Angaben zufolge 475 Menschen befunden, darunter 325 Teenager von einer Oberschule aus einer Vorstadt von Seoul. Zusammen mit Lehrern waren sie auf einem Ausflug von der westlichen Küstenstadt Incheon zur südlichen Ferieninsel Cheju unterwegs, als das Schiff Mittwochfrüh in Seenot geraten war. Wenige Stunden später sank die mehrstöckige Fähre. Nur noch der Bugwulst ragte aus der Wasseroberfläche hervor.

Abruptes Wenden als Ursache?

Die Ermittlungszentrale der Küstenwache habe mittlerweile den Kapitän und weitere Besatzungsmitglieder befragt, berichtete KBS. Deren Aussagen ließen vermuten, dass ein ruckartiges Drehen des Schiffes im Zuge einer notwendigen Kursänderung vor der Insel Chindo zu der Katastrophe geführt haben könnte.

Bisher wurde auch nicht ausgeschlossen, dass die über 140 Meter lange Auto- und Personenfähre auf einen Felsen aufgelaufen sein könnte. Überlebende hatten von einem großen Knall vor dem Sinken des Schiffes gesprochen. Mehrere Überlebende berichteten, die Crew habe zunächst Anweisung gegeben, in den Kabinen oder auf den Sitzen zu bleiben. Als die Fähre auf die Seite gekippt sei, sei Panik ausgebrochen.

(APA/dpa/AFP)

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