Fährunglück in Südkorea: Präsidentin wirft Kapitän "Mord" vor

Rettungskräfte tragen eine der bisher 64 geborgenen Leichen an Land.
Rettungskräfte tragen eine der bisher 64 geborgenen Leichen an Land.(c) REUTERS
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Drei Offiziere und ein Mechaniker sind in Südkorea verhaftet worden. Funkaufzeichnungen zeigen Panik und Chaos auf der Brücke. Immer mehr Leichen werden geborgen.

Harte und eindeutige Worte fand Südkoreas Präsidentin Park Geun-hye zum tragischen Fährunglück in Südkorea. Sie hat dem Kapitän vorgeworfen, sich durch sein Verhalten des "Mordes" schuldig gemacht zu haben. "Die Taten des Kapitäns und einiger Besatzungsmitglieder waren vollkommen unverständlich, inakzeptabel und kamen Mord gleich", sagte Park bei einem Treffen mit Beratern laut ihrem Büro am Montag.

Park sagte, es sei zunehmend klar, dass der Kapitän Lee Joon-seok die Evakuierung des sinkenden Schiffes unnötig verzögert und die Passagiere dann "im Stich gelassen" habe, als er das Schiff verließ. "Dies ist vollkommen unvorstellbar, rechtlich wie ethisch", sagte Park. Sie kündigte an, dass das Verhalten aller Beteiligter, angefangen von den Eignern des Schiffs, über die Inspektoren bis hin zur Besatzung, untersucht werde, und die Verantwortlichen vor Gericht gebracht würden.

Panik und Chaos auf der Brücke

Lee war am Samstag ebenso wie der Steuermann und die relativ unerfahrene dritte Offizierin festgenommen worden, die zur Zeit des Unglücks das Kommando auf der Brücke hatte. Fünf Tage nach dem Untergang der südkoreanischen Fähre "Sewol" sind Medienberichten zufolge vier weitere Besatzungsmitglieder festgenommen worden. Wie die Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft berichtete, wurden am Montag drei Offiziere und ein Mechaniker des Schiffs in Polizeigewahrsam genommen.

Am Sonntag veröffentlichte Aufzeichnungen des Funkverkehrs zwischen der Fähre und der Schifffahrtskontrolle zeigten, dass zur Zeit des Unglücks auf der Brücke Panik und Chaos herrschte. Die Besatzung zögerte offensichtlich, das Schiff zu evakuieren, als sich dieses gefährlich zur Seite neigte.

Staatspräsidentin Park räumte auch Fehler bei der Reaktion der Behörden nach der Katastrophe ein. Zugleich forderte sie, mögliche Unregelmäßigkeiten beim Betrieb der 20 Jahre alten Fähre aufzudecken. Nach der Übernahme des Schiffs hatte der südkoreanische Reeder Chonghaejin Marine unter anderem das Schiff umgebaut, um die Aufnahmekapazitäten zu erhöhen. Solche Umbauten gelten allerdings als nicht unüblich.

Noch viele Vermisste im Wrack vermutet

Die Fähre war am Mittwochmorgen auf dem Weg zur Insel Jeju mit 476 Menschen an Bord gekentert und später gesunken. Bergungsmannschaften suchen weiter nach vermissten Insassen. Neben Tauchern wurden auch ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge für die Suche in dem Wrack eingesetzt, wie südkoreanische Sender am Montag berichteten.

An den beiden vorangegangenen Tagen war es Tauchern erstmals gelungen, ins Innere des Schiffs vorzudringen. Die Zahl der bestätigen Todesopfer erhöhte sich bis zum Vormittag (Ortszeit) auf mehr als 60. Fast 238 der 476 Insassen gelten weiterhin als vermisst, die meisten von ihnen Schüler. Angehörige der Vermissten harrten weiter nahe der Unglücksstelle auf der Insel Chindo aus - in der Hoffnung, dass noch Überlebende gefunden werden.

"Lassen Sie sie schwimmen. Jetzt!"

"Wir neigen uns. Wir sind kurz davor runter zu gehen", sagte ein nicht identifiziertes Besatzungsmitglied der Fähre laut den Audio-Aufnahmen, "Es neigt sich so sehr, wir können uns kaum bewegen." An anderer Stelle sagte das Besatzungsmitglied, dass die Sicherheitsanweisungen nicht an die Passagiere durchgegeben werden konnten, da das Lautsprechersystem nicht funktionierte. Der Vertreter der Schifffahrtskontrolle erwiderte, sie sollten dennoch die Passagiere anweisen, ihre Rettungswesten und möglichst viele Lagen Kleidung anzuziehen.

"Werden die Passagiere sofort nach der Evakuierung gerettet werden?", fragte daraufhin das Besatzungsmitglied. "Lassen Sie sie wenigstens einen Rettungsring tragen und lassen Sie sie schwimmen. Jetzt!", drängte der Vertreter.

Kritiker werfen der Besatzung vor, die Evakuierung des Schiffes zu spät angeordnet zu haben. Demnach hätten womöglich zahlreiche Menschenleben gerettet werden können, wenn die Passagiere bereits angewiesen worden wären, das Schiff zu verlassen, als sich dieses zu neigen begann.

(APA/AFP/dpa)

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