Everest-Tragödie: Dritte Expeditionsfirma sagt Touren ab

Vergangenen Freitag hat eine Lawine 16 Sherpas in den Tod gerissen.
Vergangenen Freitag hat eine Lawine 16 Sherpas in den Tod gerissen.(c) Reuters (� Laurence Tan / Reuters)
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Nach dem Lawinenunglück am Mount Everest, bei dem 16 Sherpas gestorben sind, strich nun der dritte große Touren-Organisator seine Besteigungen für dieses Jahr. Nepal will den Sherpa-Streik noch abwenden.

Die Sherpa-Tragödie am Mount Everest wird zum Desaster für die Bergsteigerbranche: Nach der Entscheidung der nepalesischen Bergführer, wegen eines tödlichen Lawinenunglücks alle Expeditionen abzusagen, hat inzwischen der dritte große Touren-Organisator seine Besteigungen für dieses Jahr gestrichen.

"Nach langer Diskussion und nach Berücksichtigung aller Aspekte wurde beschlossen, diese Saison aufzugeben", teilte die in Neuseeland beheimatete Firma Adventure Consultants am späten Dienstagabend mit. Das Unternehmen hatte bei dem Lawinenunglück am vergangenen Freitag drei seiner Bergsteiger verloren.

Tourismus und Staat drohen massive Einbußen

Zuvor hatten bereits die Alpine Ascents International und der Discovery Channel ihre Projekte für den höchsten Gipfel der Erde auf Eis gelegt. Tausende Bergsteiger, die zum Teil schon viel Geld für Expeditionen bezahlt haben, stehen vor einer bitteren Enttäuschung - und der nepalesischen Tourismusbranche und dem Staat drohen verheerende Einbußen. Die Regierung rechnete in dieser Saison alleine mit drei Millionen Dollar (2,17 Millionen Euro) an Gebühren der Mount-Everest-Besteiger - allein für dieses Jahr hatte sie Lizenzen für 32 Expeditionen mit insgesamt 734 Teilnehmern erteilt, darunter 400 Bergführern.

Regierung will Sherpas umstimmen

Die Regierung in Kathmandu bemühte sich weiter intensiv, die Sherpas doch noch umzustimmen, die am Dienstag als Würdigung für ihre 16 tödlich verunglückten Kollegen ihre Arbeit aufgekündigt hatten. Eine ranghohe Regierungsdelegation werde am Donnerstag zum Basislager aufbrechen, um neue Vorschläge zu unterbreiten und den Sherpas zu versichern, dass ihre Sorgen ernst genommen würden, sagte Phil Crampton, Eigentümer der Firma Altitude Junkies, am Mittwoch.

Vor ihrer Entscheidung am Dienstag hatten die einheimischen Bergführer bereits eine Reihe von Forderungen gestellt. So sollen 30 Prozent der Gebühren, die die Kletter-Touristen an den Staat zahlen müssen, künftig in einen Entschädigungsfonds fließen. Die Lebensversicherung für die Sherpas von derzeit 10.000 Dollar (7.240 Euro) soll verdoppelt werden. Die Regierung bot bisher einen Anteil von fünf Prozent der Gebühren für den Fonds sowie eine Erhöhung der Versicherung um 50 Prozent an.

Abwarten im Basislager

Im Basislager sitzen derzeit Hunderte Bergsteiger fest und fragen sich, ob sie abreisen oder abwarten sollen. "Ich hoffe, die Regierungsdelegation wird die Gemüter beruhigen, und die Sherpas werden die Gründe anerkennen, die für eine Rettung der Saison sprechen", sagte Russell Brice, dem die Expeditionsfirma Himex gehört.

Der blinde Osttiroler Bergsteiger Andy Holzer sowie seine beiden Tiroler Begleiter Wolfgang Klocker und Daniel Kopp befanden sich weiterhin im Basislager. "Blind Climber" Holzer berichtete am Dienstag auf seiner Homepage von einem "Waschtag" auf 5.380 Metern Höhe. Man habe die News bezüglich Weitermachen oder Abbruch besprochen. "Am Freitag gibt es dazu eine weitere Entscheidung", schrieb der Alpinist.

Bisher schlimmstes Unglück am Everest

Am vergangenen Freitag hatte sich eine Lawine gelöst und 16 Sherpas in den Tod gerissen, während sie für die Ende April beginnende Bergsteiger-Saison eine Route zum Gipfel des Everest vorbereiteten. Es war das bisher schlimmste Unglück an dem 8.848 Meter hohen Berg im Himalaja. Die Tragödie warf ein Schlaglicht auf die prekäre Lage vieler Sherpas.

Seit der Erstbesteigung durch den Neuseeländer Edmund Hillary und seinen einheimischen Bergführer Tenzing Norgay 1953 kamen bereits mehr als 300 Menschen am Mount Everest ums Leben, die meisten von ihnen waren einheimische Bergführer.

Der Himalaya-Staat Nepal

In dem 147.000 Quadratkilometer großen Himalaya-Land Nepal leben 31 Millionen Menschen. Die Republik zählt nach Angaben des Auswärtigen Amts mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 692 US-Dollar (rund 500 Euro) zu den 20 ärmsten Staaten der Welt.

Die Nepalesen haben mit 65,9 Jahren für Männer und 68,6 Jahren für Frauen die niedrigste Lebenserwartung in Asien, fast die Hälfte der Kinder ist chronisch unterernährt. Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Neben der Hauptstadt Kathmandu mit ihren Weltkulturerbe-Stätten zieht besonders die Hochgebirgslandschaft an der Grenze zu Tibet Urlauber an (2012 rund 800.000). Zu den beliebtesten Trekking-Routen gehört der Weg zum Mount Everest, mit 8848 Metern der höchste Berg der Erde.

(APA/AFP)

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