Övp Steiermark: Waltraud Klasnics Befreiungstheologe

VP-Geschäftsführer Andreas Schnider gerät unter Druck: Die Härte, die sich viele von ihm wünschen, lehnt er ab.

GRAZ. Sein dreijähriges Amtsjubiläum hat er sich wohl anders vorgestellt. Andreas Schnider, seit März 2001 Geschäftsführer der Landes-ÖVP und Hausherr in der Machtzentrale am Grazer Karmeliterplatz, muss in diesen Tagen viel aushalten. Nicht nur extern, wo die ÖVP schweren Prüfungen und "Stromschlägen" ausgesetzt ist. Das raue Klima hat längst nach innen durchgeschlagen.

In der Stunde der Bedrohung wünschen sich viele Funktionäre einen aggressiv auftretenden Parteisekretär, der ordentlich auf den Tisch haut. Flankenschutz ist angesagt: An- und Untergriff als beste Verteidigung.

Die plötzlich Morgenluft witternden politischen Gegner sollen durch verbale Donnerschläge in die Defensive gedrängt werden. Eine Rolle, die dem 44-jährigen Theologen wahrlich nicht liegt. Mehr noch: Obwohl als Parteisekretär im Auge des Taifuns sitzend, steht er für Wadlbeißerei schlicht nicht zur Verfügung. "Manche wollen die aktuelle Lage nützen, um einen bestimmten Stil in diesem Land zu ruinieren", warnt er.

Dieser Stil der Zurückhaltung sei bisher das Erfolgsrezept der ÖVP unter Waltraud Klasnic gewesen.

Die Partei folgt ihrem Geschäftsführer in diesem Punkt nur bedingt. Erst bei der Klubsitzung am Dienstag musste sich Schnider von manchem Wirtschaftsfunktionär oder Bürgermeister deftige Kritik anhören. Die "Untätigkeit am Karmeliterplatz" ist manch Altgedientem ein Dorn im Auge. Klasnic steht zwar zu ihm, aber auch sie muss sich schon fragen lassen, wo denn die harten Konturen der Zentrale bleiben.

Schnider, der Feinsinnige, spricht nur verklausuliert über diese Probleme. "Ich habe das Gefühl, dass manche Funktionäre einen Kriegsschauplatz wollen. Aber die Bürger wollen das schon lange nicht mehr." Wenn jemand etwas gegen ihn habe, solle er es direkt sagen: "Ich sehe keine Netzwerke, sondern nur Feiglinge." Politiker in allen Parteien - keineswegs nur in der ÖVP, aber für die sei er eben zuständig - hätten in etwa folgendes Motto ausgegeben: "Aufhören mit dem humanen Getue, jetzt ist Härte angesagt." Dafür stehe er nicht zur Verfügung, das könne er nicht anbieten. "Vielleicht bin ich ja zu liberal. Es stimmt mich traurig, wenn manche jetzt Klasnics Stil herunterbremsen wollen."

Aber sind es nicht die VP-Politiker Herbert Paierl und Gerhard Hirschmann, die zanken? Schnider: "Wir leben in einem nicht mehr komplett kontrollierbaren Pluralismus. Machtwörter gibt es heute nicht mehr. Jede Partei ist ein Puzzle, ein Konglomerat mit Konturen." Die Suppe hätten sich einige wenige aus mehreren Parteien eingebrockt, nun dürfe sich die ÖVP nicht in eine Kollektivschuld hineinziehen lassen.

Die Causa Estag ist zwar Schniders bisher schwerste, aber nicht seine erste Bewährungsprobe. In der Debatte um Ganztagsschulen reibt sich die Partei an ihm. Als er kürzlich linke Studenten, die eine VP-Diskussion störten, nicht hinauswerfen ließ, hieß es tags darauf, bei ihm gingen nur die Linken ein und aus.

Die Politik brauche Glaubwürdigkeit, Offenheit, Nähe zu den Menschen, aber keine Grabenkämpfe mehr, sagt Schnider. Fazit: "Die Befreiungstheologie hat die Pastoral des letzten Jahrhunderts verändert. In der Politik fehlt uns das noch."

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