Freitag, der 13: Japanische Zahlenspiele

So ist die Regentschaft von Kaiser Akihito auf allen offiziellen Dokumenten mit dem Jahr 19 angegeben, obwohl der Tenno gerade einmal 18 Jahre auf dem Thron sitzt.
So ist die Regentschaft von Kaiser Akihito auf allen offiziellen Dokumenten mit dem Jahr 19 angegeben, obwohl der Tenno gerade einmal 18 Jahre auf dem Thron sitzt.(c) AP (Alastair Grant)
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Die abergläubischen Japaner haben ihre eigene Pech-Arithmetik.

TOKIO. Freitag, der 13. kann einen Japaner nicht erschüttern. Die schlechte Reputation, die dieses Datum in der westlichen Welt belastet, nimmt das extrem abergläubische Japan völlig gelassen hin. Hier herrschen andere Mythen und Unglückszahlen, die als „falsche“ Ziffern überall wie Fettnäpfchen stehen.

Bloß keine sieben! Und alle anderen Zahlen, die auf 7 enden. Besonders gefährlich ist der 17. und 27. Tag im Monat. Auch mit dem Vierer gibt es jede Menge Sorgen. Japanisch ausgesprochen klingt diese Ziffer fast genauso wie Tod, was manche traditionellen Hotels veranlasst, diese Zimmernummer gar nicht zu besetzen. In Fahrstühlen von Bürogebäuden fehlt oft ebenfalls die Nummer 4, weil der Bauherr ein ganzes Geschoß vorsichtshalber einfach „weggelassen“ hat. Auch ein Partnerschaftsproblem kann drohen: Kein Mann sollte eine Frau heiraten, deren Alter sich von seinem eigenen um vier Jahre unterscheidet.

Aus 18 mach 19 Jahre

Erschwert wird die Pech-Arithmetik dadurch, dass viele Japaner „inklusive“ rechnen. So ist die Regentschaft von Kaiser Akihito auf allen offiziellen Dokumenten mit dem Jahr 19 angegeben, obwohl der Tenno streng genommen gerade einmal 18 Jahre auf dem Thron sitzt. Auch bei der Geburt zählt das angebrochene Jahr voll, sodass man vorsichtshalber auch noch die Altersunterschiede von drei und von neun Jahren als gefährlich betrachten muss. Neun ist zudem generell ein schlechtes Omen, klingt sie doch im Japanischen wie Unheil.

Es gibt wahrscheinlich kein weiteres zivilisiertes Land, wo im Glauben der Bevölkerungsmehrheit Zahlen über Glück oder Pech entscheiden. Selbst bei hoch gebildeten Menschen diktiert der Rokki, der Sechs-Tage-Mondkalender, das Alltagsleben wie ein Gesetz für unterschiedlichste Stimmungen und Vorahnungen.

Dabei ist der am meisten gefürchtete Tag der „butsumetsu“. Nach dem chinesisch-japanischen Mondkalender gilt er, der wörtlich übersetzt „der Tod Buddhas“ bedeutet, als ausgesprochener Unglückstag und ist entsprechend warnend ausgewiesen. Im Sechs-Tage-Rhythmus trübt er die Laune und bremst die Aktivitäten des Inselreiches spürbar. Am „butsumetsu“ werden keine wichtigen Entscheidungen gefällt, keine großen Geschäfte abgeschlossen, keine Feiern veranstaltet. Selbstverständlich sollte man am „butsumetsu“ nicht heiraten, obwohl die sonst so teuren Standesämter und Restaurants gerade an diesen Tagen bis zu 70 Prozent Rabat geben.

Tücken der Terminfindung

Das ungebrochene Verhältnis zu allem Überirdischen erschwert in Japan eine glückliche Terminfindung noch durch weitere Tücken. Denn es gibt auch noch besonders knifflige Tage, an denen morgens das Glück winkt, abends aber verblasst und umgekehrt.

Generell sind Japaner jedoch auch fanatisch darauf versessen, sich durch Zahlen Geschick zu sichern. Die aus dem Chinesischen entlehnten Zahlenschriftzeichen bezeichnen nicht einfach nur Mengen, sie erhalten ausgesprochen einen anderen Sinn. Autokennzeichen sind dafür sichtbarer Beweis. Mancher Geschäftsmann gibt riesige Summen dafür aus, um bei der Zulassung die „richtige Nummer“ zu erwerben. Moderne Menschen bevorzugen eine Serie aus der Ziffer eins, um ihre Spitzenstellung zu demonstrieren.

Auch 18 ist beliebt – besonders aus zweimal neun zusammengesetzt, verspricht die Zahl den Himmel auf Erden. Nicht zuletzt deshalb betraten die Kaiser ihre Paläste in Kyoto über zweiteilige Treppen mit je neun Stufen. Natürlich aus Richtung Osten, denn von dort kommt das Glück. Norden wäre ganz schlecht – aber dieser Aberglaube ist eine andere Geschichte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2007)

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