Marco W. ist frei - doch der Prozess geht weiter

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Der in der Türkei inhaftierte 17-jährige Marco aus Uelzen ist frei. Er saß acht Monate in Haft, weil er eine 13-jährige Britin missbraucht haben soll. Der Prozess gegen ihn wird im April fortgesetzt.

Der seit acht Monaten in der Türkei inhaftierte 17-jährige Marco W. aus Uelzen ist frei und kann nach Hause fliegen. Das Gericht in Antalya entließ den Teenager am Freitag aus der Untersuchungshaft. Er darf das Land verlassen. Der Prozess werde aber fortgesetzt, sagten Marcos Anwälte. Der nächsten Verhandlungstag wurde für den 1. April 2008 angesetzt.

Das Gericht habe seine Fortsetzung damit begründet, dass es noch weitere Informationen benötige, um zu einer Entscheidung kommen zu können. Unter diesen Umständen sei eine Fortdauer der Untersuchungshaft aber nicht angemessen, sagten Marcos Anwälte in Antalya.

Unheilvolle Urlaubs-Affäre

Marco wurde in den Osterferien festgenommen und saß seit insgesamt 247 Tage in U-Haft. Der Schüler wurde von den Eltern der damals 13-jährigen Britin Charlotte angezeigt, weil er das Mädchen sexuell missbraucht haben soll.

Nach einem Disco-Abend im Badeort Side waren Marco und Charlotte am 11. April im Hotelzimmer der 13-jährigen Britin gelandet. Marco berichtete, dass es im Einvernehmen mit dem Mädchen zu Zärtlichkeiten gekommen sei. Außerdem habe sich Charlotte als 15-Jährige ausgegeben. Die Britin hatte ihm jedoch sexuelle Belästigung vorgeworfen.

In diesem Bus hat Marco W. das Gefängnis verlassen
In diesem Bus hat Marco W. das Gefängnis verlassenAP (Murad Sezer)

Der Prozesstag war mit Spannung erwartet worden, denn erstmals lagen die Aussage Charlottes vor, die sie Anfang Oktober in einer Polizeistation in Großbritannien gemacht hatte. Sie würde die Vorwürfe gegen Marco weder erhärten noch bestätigen, sagte Marcos Anwalt Michael Nagel im November.

Charlottes Anwalt: Marco soll büßen

"Unserer Meinung nach sollte er während der Dauer des Prozesses in Haft bleiben", sagte der Anwalt der Nebenklage, Ömer Aycan. Er kündigte eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Gerichts an. Die Beweislage erfordere ein Verbleiben in der Haft. Die Familie des Mädchens wolle, dass Marco für seine Tat bezahle, betonte Aycan.

Die Anwälte Marcos hatten in den vergangenen Monaten mehrere Haftbeschwerden eingereicht, sie wurden vom Strafgericht in Antalya jedoch abgewiesen. Nagel wies mehrfach darauf hin, dass sich sein Mandant in sehr schlechtem psychischem Zustand befinde.

Freude nach Freilassung in Deutschland

In Uelzen feierten Marcos Freunde mit Hupkonzerten auf der Straße die Freilassung Marcos. Seine Mutter war nicht zum achten Verhandlungstag in die Türkei gereist und hatte in ihrem Haus auf die Entscheidung gewartet. Der größte Wunsch des Jugendlichen sei es, mit seiner Familie allein zu sein und sich eine Woche lang von seiner Mutter verwöhnen zu lassen, sagte sein Anwalt Michael Nagel am Freitag in Antalya.

Marco wolle zunächst auch nicht in seine Heimatstadt Uelzen zurückkehren, so Nagel. Er fürchte einen Presserummel. Der Jugendliche soll zunächst von der Öffentlichkeit abgeschirmt werden. Zunächst war nicht klar, wann und wie er die Türkei verlässt

Politisches Interesse am Fall Marco W.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich erfreut über die Freilassung von Marco W. "Ich glaube, mit ihm freuen sich viele Menschen in Deutschland", fügte sie nach dem EU-Gipfel am Freitag in Brüssel hinzu. Es sei gut, dass Marco nun zu seiner Familie könne.

Der Fall rief auch breites politisches Echo hervor. So hatte sich etwa EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn eingeschaltet. Die EU-Kommission verfolge den Fall genau und werde besonders auf die Einhaltung der Menschenrechte achten, erklärte er.

(Ag./Red.)

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