Religion: Spanien vor neuer Reconquista

(c) EPA (Emilio Naranjo)
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Der Vatikan will den Laizismus aufhalten. Gerade im alten Bollwerk Spanien.

PALMA/MADRID. Abseits aller Fernsehdebatten der Spitzenkandidaten für den kommenden Wahlsonntag hat Spaniens Katholische Kirche bereits ein neues Oberhaupt gewählt. Am Montag kürte die Bischofskonferenz den Madrider Kardinal Antonio María Rouco Varela zum neuen Vorsitzenden.

Rouco hatte das Amt bereits von 1999 bis 2005 inne, und seine Rückkehr stärkt den konservativen Flügel im Klerus. Der 71-Jährige löst den Basken Ricardo Blázquez ab, der in den vergangenen Monaten mit einer zu wenig auf Abgrenzung zur sozialistischen Regierung bedachten Politik und einer umstrittenen Entschuldigung für die Fehler der Kirche während der Franco-Diktatur bei vielen Kollegen in Ungnade fiel.

Rouco hingegen organisierte Demonstrationen gegen die Sozialpolitik von Premier José Luis Zapatero, gegen die Einführung der „Homoehe“ und die Abschaffung des Religionsunterrichts als Pflichtfach. Bei einem Massengottesdienst Ende Dezember im Zentrum von Madrid wetterte Rouco: „Die spanische Rechtsprechung ist auf dem Rückzug von der Erklärung der Menschenrechte, die die Familie als Kernzelle der Gesellschaft anerkennen.“

Papst Benedikt XVI., zugeschaltet aus Rom, präzisierte vor 160.000 Gläubigen: „Die Familie ist die unauflösliche Einheit von Mann und Frau.“ Zuletzt führte ein Hirtenbrief zu Verstimmung, in dem die Kirche die Kontakte der Regierung zur baskischen Terrororganisation Eta kritisierte. Zapatero forderte Zurückhaltung und eine Nichteinmischung in die Tagespolitik, hinter der verdeckte Wahlkampfhilfe für die konservative Volkspartei vermutet wird.

Historische Spaltung

Wer auch immer die Parlamentswahl am kommenden Sonntag gewinnt – mit der Nominierung Roucos scheint sich die historische Spaltung Spaniens in ein linkes, regionalistisches sowie in ein kirchlich-konservatives Lager wieder zu etablieren.

Die Strategie des Vatikans geht wohl darüber hinaus. Es heißt, Rom wolle den fortschreitenden Laizismus in Europa aufhalten, und Spanien spiele dabei eine Schlüsselrolle: Einst ein Bollwerk des Katholizismus, bezeichnen sich heute nur noch 36 Prozent als aktive Katholiken. Schon 2002 predigte Papst Johannes Paul II.: „Stellt euer Leben wieder in den Dienst Gottes. Ihr werdet sehen, es lohnt sich.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2008)

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