„Bist du aber prüde“: Bürgermeister als Schenkelgrapscher

Fernández und Guzmán
Fernández und Guzmán(c) youtube
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Im Fernsehen langte der Chef von Santa Cruz de la Sierra, der größten Stadt Boliviens, bei einer Journalistin tüchtig zu. Das Video hat sich in ganz Amerika verbreitet und sorgt für öffentliche Erregung.

Santa Cruz/Sucre. Er zögerte nicht, er zuckte nicht, er griff einfach zu. Kaum hatte sich die TV-Journalistin Mercedes Guzmán neben den Bürgermeister von Boliviens größter Stadt, Santa Cruz de la Sierra, zum Interview gesetzt, betatschte dieser den Oberschenkel der Reporterin. Als sie dagegen eingriff und die Hand des 75-jährigen Percy Fernández wegdrückte, langte der nochmals hin und sagte sogar flapsig: „Bist du aber prüde“ und „Komm, hab dich nicht so.“

Die Reporterin sagte später, sie habe den Ort des Geschehens, es ging um die Einweihung eines öffentlichen Bauvorhabens, sofort verlassen wollen, doch sei ihr von der Bildregie befohlen worden, das Live-Interview zu beginnen. Als sie den Stadtoberen dann fragte, was er als sein erfolgreichstes Projekt des Jahres ansehe, antwortete der, mit Blick auf seine Hose: „Dieses!“

Dass Kameras liefen, störte ihn nicht. Fernández, verheiratet, dreifacher Vater und elffacher Großvater, hat sich mit Zoten, Flüchen und Provokationen den Beinamen „der irre Percy“ eingehandelt.

„Wieder einmal Percy!“

Aber er beließ es nicht bei verbalem Unflat: Anlässlich einer Brückeneinweihung etwa begrüßte der wohlbeleibte Mann eine Ingenieurin mit einem hollywoodreifen Kuss auf den Mund. Ein andermal griff er auf den Hintern einer Abgeordneten, während sie eine Rede hielt. In der Moderation zum Bericht auf den jüngsten Übergriff sagte der Moderator des lokalen Fernsehens denn auch lakonisch: „Wieder einmal Percy!“

Fernández, der in fünfter Amtszeit die boomende Millionenstadt regiert, zählt zu den wenigen politischen Überlebenden der Zeit vor dem Amtsantritt des indigenen, linksgerichteten Präsidenten Evo Morales 2006. Der ideologisch flexible Politprofi hielt sich an der Macht, weil er sich stets auf die Seite der Zentralregierung stellte, das sicherte Staatsgeld für öffentliche Vorhaben. Erst im Februar hatte ihn Morales gar zum „besten Bürgermeister Boliviens“ geadelt.

Doch anders als bei früheren Fauxpas haben Fernández' Ferkeleien nun internationale Kreise gezogen. Via Twitter gelangten sie in alle TV-Kanäle Lateinamerikas und auf CNN en Español in den USA, das der Reporterin 15 Minuten Interviewzeit widmete. Darauf setzte sich der Grapscher vor eine Fernsehkamera und sagte mit unterwürfigem Timbre: „Liebe Frau Guzmán, Ich möchte öffentlich mein tiefstes Bedauern ausdrücken über das Missverständnis. Es lag nicht in meiner Absicht, Sie zu beleidigen.“

Die Frau sah von einer Anzeige ab. „Ich glaube nicht an Boliviens Justiz“, bekannte Gúzman, die weiß, dass ein Gang vor Gericht ihrer Karriere wenig förderlich wäre. Eine Klage wurde dennoch erhoben: von Politikern der Opposition und Frauenrechtlerinnen. (a.f.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2014)

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