Niederlande: Handelskrieg nach Islam-Bashing

Far-right politician Geert Wilders of the anti-immigration Dutch Freedom (PVV) Party speaks at a PVV rally after the European Parliament elections in the Hague
Far-right politician Geert Wilders of the anti-immigration Dutch Freedom (PVV) Party speaks at a PVV rally after the European Parliament elections in the Hague(c) REUTERS
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Der Rechtspopulist Wilders brachte Saudiarabien mit einem kruden Anti-Islam-Aufkleber auf die Palme. Jetzt stehen die Wirtschaftsbeziehungen auf dem Spiel.

Den Haag. Die Saudis haben erste Geschäftsbeziehungen mit niederländischen Unternehmen gekappt und bereits ausgehandelte Verträge storniert oder Verträge, die kurz vor dem Abschluss standen, nicht mehr unterschrieben. ,,Ich war gerade in Riad. Die Verträge waren ausgehandelt. Sie mussten nur noch unterschrieben werden“, berichtet ein niederländischer Unternehmer. ,,Sie haben ein Auftragsvolumen von 20 Millionen Euro. Meine saudischen Geschäftspartner sagten mir klipp und klar: Wir würden ja gern unterschreiben und ihnen den Auftrag geben, so wie vereinbart. Wir dürfen es aber nicht mehr.“ Der Unternehmer wollte nun diese Woche zurück nach Riad fliegen, um die Saudis umzustimmen. Aber sein Einreisevisum wurde nicht verlängert. ,,Der Deal war so gut wie fix. Wir hätten die nächsten Tage liefern können. Jetzt bleiben wir auf unseren Maschinen sitzen“, klagt der holländische Unternehmer.

Die Saudis machen Ernst. Und das alles nur wegen einer provokanten Aktion von Geert Wilders. Der Islamkritiker und Rechtspopulist hatte in den Niederlanden Aufkleber drucken lassen. Darauf steht: ,,Der Islam ist eine Lüge. Mohammed ist ein Betrüger. Der Koran ist Gift.“ Der in Den Haag ansässige Botschafter Saudiarabiens wurde daraufhin aktiv und meldete den Vorfall in Riad. Der Text auf Wilders Aufkleber ist nicht nur auf Niederländisch, sondern auch auf Arabisch zu lesen. Als Hintergrund dient die Flagge Saudiarabiens.

6,2 Milliarden Handelsvolumen

Wilders, der bei den Europawahlen bekanntlich hinter den Erwartungen blieb, dürfte nun einen regelrechten Handelskrieg zwischen Saudiarabien und den Niederlanden ausgelöst haben. Es steht viel auf dem Spiel. Nämlich ein bilaterales Handelsvolumen von jährlich mehr als 6,2 Milliarden Euro. Die Niederlande importieren für jährlich rund vier Mrd. Euro Öl aus Saudiarabien und beliefern die Saudis mit Waren und Gütern im Wert von 2,2 Milliarden Euro.

Außerdem haben die Saudis große Investitionen in den Niederlanden vorgenommen. Von dem Chemie- und Biotechnologiekonzern DSM kauften sie deren Kunststofffabrik GE Plastics in Heerlen bei Maastricht. Dort sind rund 2000 hoch qualifizierte Mitarbeiter tätig. Außerdem hat die saudische Aramco Overseas Company (AOC) ihren Sitz in Den Haag. Zahlreiche niederländische Firmen sind Zulieferer für die AOC, die hauptsächlich im Ölgeschäft und in der Ölverarbeitung tätig ist. Die AOC erwirtschaftet einen Jahresumsatz von 3,8 Mrd. Dollar.

Ferner betreiben die Niederlande und Saudiarabien gemeinsam die Saudi Hollandi Bank, die schon 1926 gegründet wurde. In den Niederlanden fürchtet man nun, dass die Saudis ihre Investitionen abbauen könnten und holländische Firmen keine neuen Aufträge von saudischen Geschäftspartnern mehr erhalten werden.

Canossagang des Außenministers

Allerdings unterstützen die Saudis mit ihren Ölmilliarden auch Moscheen in den Niederlanden, wo häufig Hasspredigten zu hören sind, die einen radikalen, intoleranten Islam unterstützen. So wird etwa die radikale Tawheed-Moschee in Amsterdam voll und ganz mit Geldern aus Saudiarabien finanziert. Auch zahlreiche Gebetshäuser in Den Haag, Rotterdam, Breda und Eindhoven leben von saudischen Geldern. Der niederländische Geheimdienst hat die fundamentalistischen Moscheen im Visier, weil dort oft auch der der Heilige Krieg gegen den Westen gepredigt wird.

Der niederländische Außenminister Frans Timmermans will nun nach Riad reisen, um dort die Wogen zu glätten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2014)

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