Fall Mollath: Psychiater bleibt Teil des neuen Prozesses

Gustl Mollath hätte gerne ohne psychiatrischen Gutachter prozessiert - die Richterin lehnte ab.
Gustl Mollath hätte gerne ohne psychiatrischen Gutachter prozessiert - die Richterin lehnte ab.(c) REUTERS
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Das mutmaßliche Justizopfer Gustl Mollath habe ein "abgrundtiefes Misstrauen", schließlich saß er sieben Jahre in der Psychiatrie.

Enttäuschender Prozessbeginn für Gustl Mollath: Das Landgericht Regensburg lehnte am Montag zu Beginn des Wiederaufnahmeverfahrens gegen das mutmaßliche Justizopfer den Wunsch des 57-Jährigen ab, auf eine psychiatrische Begutachtung zu verzichten. Die Vorsitzende Richterin begründete dies mit den Vorgaben der Strafprozessordnung.

Mollath galt bis zu seiner Entlassung aus der geschlossenen Psychiatrie in Bayreuth vor knapp einem Jahr als Deutschlands bekanntester Psychiatriepatient. Er war dort mehr als sieben Jahre gegen seinen Willen untergebracht. Das Landgericht Nürnberg hatte Mollath 2006 in einem Verfahren unter anderem wegen schwerer Körperverletzung an seiner Frau für schuldunfähig erklärt und in die Psychiatrie einweisen lassen.

Das Gericht ging damals davon aus, dass Mollath, der die Tat bestritt, an Wahnvorstellungen litt. Es stützt sich dabei auf ein psychiatrisches Gutachten sowie den Umstand, dass Mollath in einer Vielzahl von Strafanzeigen behauptet hatte, seine inzwischen von ihm geschiedene Frau habe als Beraterin der HypoVereinsbank Schwarzgeldgeschäfte in Millionenhöhe betrieben. Mittlerweile steht fest, dass die Vorwürfe im Kern zutreffen.

Mollath könnte Aussage verweigern

Mollaths Verteidiger Gerhard Strate begründete nun die Ablehnung des Gutachters Norbert Nedopil mit Mollaths Vorgeschichte. "Unser Mandant hat, absolut nachvollziehbar, ein abgrundtiefes Misstrauen gegen jeden Psychiater", sagte Strate. Er werde deshalb solange die Aussage zur Sache verweigern, wie Nedopil im Gerichtssaal sitze.

Mollath bezeichnete die Anwesenheit des Gutachters als "Damoklesschwert". "Ich bekomme Beklemmungen und Angstzustände, die meine Verteidigungsmöglichkeit unmöglich machen." Richterin Elke Escherin sagte hingegen, sie könne nachvollziehen, dass Mollath die Anwesenheit des Gutachters unangenehm sei. Die Strafprozessordnung gebe ihr aber keine andere Möglichkeit.

Ex-Frau will nicht aussagen

Die Debatte um die Begutachtung prägte nach der Verlesung der Anklage den ersten Prozesstag. Laut der Anklageschrift soll Mollath seine damalige Frau geschlagen, gebissen und gewürgt sowie später Dutzende Autoreifen von Menschen aus dem Umfeld seiner Ex-Frau zerstochen haben. Die als Nebenklägerin auftretende Ex-Frau lehnte schriftlich eine eigene Aussage zu diesen Tatvorwürfen ab, wie das Gericht bekannt gab. Damit dürfen nur ihre früheren Aussagen verwendet werden.

Mollaths' Verteidiger Strate kritisierte diese Aussageverweigerung als "Zumutung". Der Verteidiger beantragte für das zunächst bis Mitte August terminierte Verfahren über die bereits vorgesehenen rund vierzig Zeugen die Ladung einer Reihe von Zeugen aus der HypoVereinsbank, darunter den früheren Bank-Chef Dieter Rampl. Rampl habe einen Brief Mollaths zum Anlass genommen, die bankinterne Revision mit einer Prüfung der von Mollath behaupteten Schwarzgeldgeschäfte zu veranlassen, begründete Strate den Antrag.

Reform der Unterbringung angedacht

Derweil erklärte der deutsche Juistzminister Heiko Maas aus Anlass des Prozessbeginns, "unverhältnismäßige Unterbringungen" müssten "besser als bisher vermieden werden". Deshalb sollten Voraussetzungen wie auch Grenzen der strafrechtlichen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus deutlicher gefasst werden. Bis Herbst werde eine im März eingesetzte Arbeitsgruppe von Bund und Ländern dazu Vorschläge erörtern, erklärte Maas. "Ziel ist eine Änderung der bestehenden Regeln, um dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz mehr Geltung zu verschaffen."

(APA/AFP)

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Mollath war sieben Jahre gegen seinen Willen in der Psychiatrie. Zuvor hatte er versucht, einen Geldwäscheskandal bei der HypoVereinsbank aufzudecken.

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