Verhaftet: Schlepper warfen Leichen über Bord

Migrants are seen aboard a navy ship before being disembarked in the Sicilian harbour of Augusta
Migrants are seen aboard a navy ship before being disembarked in the Sicilian harbour of Augusta(c) REUTERS (� Antonio Parrinello / Reuters)
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Die Polizei nahm fünf Schlepper fest. Sie sollen laut Zeugen mit 759 Menschen losgefahren sein. Nur 568 Menschen kamen lebend in Lampedusa an.

Das Ausmaß der jüngsten Flüchtlingstragödie vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa ist weit größter als bisher angenommen. 181 Menschen, darunter viele Kinder, seien beim Untergang eines Flüchtlingsbootes ums Leben gekommen, berichteten Augenzeugen am Dienstag. Zuvor war von 30 Toten, darunter ein Kind, die Rede gewesen. Die Polizei konnte am Dienstag in Messina fünf mutmaßliche Schlepper festnehmen. Ihnen wird mehrfachen Mord vorgeworfen. Sie sollen das Fischerboot mit über 700 Migranten gesteuert haben. Die Staatsangehörigkeit der Festgenommenen wurde nicht bekanntgegeben. Auch ein Schlepper eines weiteren Bootes wurde in Ragusa verhaftet.

Leichen über Bord geworfen

Die mutmaßlichen Schlepper wurden von den Überlebenden angezeigt. Um auf dem vollkommen überladenen Boot Raum zu schaffen, sollen sie unzählige Flüchtlinge über Bord geworfen haben. Sie sollen Leichen von Passagieren ins Meer geworfen haben, die zuvor erstochen oder totgeschlagen wurden, berichtete die Polizei nach Medienangaben.

An Bord des von der libyschen Küste abgefahrenen Bootes befanden sich laut den Überlebenden 759 Menschen, 568 davon konnten gerettet werden. Es habe sich um Flüchtlinge aus Syrien, Pakistan, Nigeria und Ghana gehandelt.

Nicht erstickt, sondern erstochen

Die Augenzeugen berichteten, dass die im Lagerraum gefundenen toten Migranten nicht wie anfangs vermutet erstickt seien, sondern von anderen Migranten erstochen worden seien, um zu verhindern, dass sie ans völlig überfüllte Deck gelangten. Auf der Internetseite der Tageszeitung "La Repubblica" war eine Videoaufnahme zu sehen mit hunderten verzweifelt um Hilfe rufenden Menschen auf dem Boot, während mehrere Migranten bereits im Wasser um ihr Leben ringen.

Das Flüchtlingsboot mit den im Lagerraum entdeckten Leichen wurde nach Malta geschleppt, während die geretteten Insassen nach Messina auf Sizilien gebracht wurden. Zwei Flüchtlinge in kritischem Zustand wurden am Samstag mit dem Hubschrauber in ein Krankenhaus nach Palermo auf Sizilien geflogen.

Seit Jahresbeginn 84.000 Flüchtlinge

Die Zahl der Todesopfer bei gefährlichen Flüchtlingsüberfahrten über das Mittelmeer hatte in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen. Am Montag wurden fünf Leichen von Flüchtlingen an Bord eines sinkenden Schlauchbootes vor Sizilien geborgen. Nach Angaben des italienischen Innenministeriums kamen seit Jahresbeginn bereits 84.000 Migranten in Süditalien an. Die Hälfte von ihnen stammen aus Eritrea und Syrien. Im Ranking der Länder, aus denen die meisten Migranten stammen, folgen Somalia, Mali und Gambia. 6500 Minderjährige trafen unbegleitet in Italien ein.

Diese Zahlen übertreffen jene aus den Vorjahren bei Weitem. 2013 zählte das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) 42.925 Ankünfte von Flüchtlingen in Italien, 2012 waren es lediglich 13.200 gewesen.

(APA)

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