Problemlos wurde das Wrack zur Verschrottung nach Genua geschleppt. Die Reederei Costa beziffert die Kosten für die größte Bergung der bisherigen Seefahrtsgeschichte mit 1,5 Milliarden Euro.
Rom/Genua. Die letzte Kreuzfahrt der Costa Concordia ist zu Ende. Gut hundert Stunden nach ihrer Abfahrt von der Insel Giglio legte das einstige Traumschiff am frühen Sonntagnachmittag planmäßig und problemlos im Hafen von Genua an. Acht Schlepper waren acht Stunden lang damit beschäftigt, den nicht manövrierfähigen Koloss mit einer Länge von 300 Metern in Position zu bringen. An den Panoramastraßen über Genua verfolgten Tausende von Menschen das Manöver.
Erst im Juli 2006 war die Concordia als größtes und modernstes „Flaggschiff“ der Genueser Kreuzfahrtreederei Costa in Betrieb genommen worden. Gekostet hatte ihr Bau 450 Millionen Euro, ausgelegt war sie für bis zu 3780 Passagiere und 1100 Besatzungsmitglieder. Als sie am 13.Januar 2012 vor der toskanischen Insel Giglio strandete, waren 3216 Passagiere und 1013 Besatzungsmitglieder an Bord; 32 Menschen kamen ums Leben. Darüber hinaus starb ein spanischer Taucher bei den Bergungsarbeiten im Februar 2014.
„Unsere Kunden sind loyal“
Die Reederei Costa beziffert die Kosten für die größte Bergung und den wahrscheinlich größten Versicherungsfall der Seefahrtsgeschichte heute auf etwa 1,5 Milliarden Euro. Den „überwiegenden Teil davon“, so Costa-Chef Michael Thamm, würden die Versicherungen übernehmen. Vom katastrophenbedingten Rückgang von Buchungen und Gewinn hat sich das Unternehmen seinen Angaben zufolge längst erholt: „Die Marke Costa war beschädigt, die Kunden aber sind loyal. Sie vertrauen uns“, sagt Thamm.
Die Costa Concordia, die in Genua auch gebaut und am Sonntag vom selben Cheflotsen in den Hafen geleitet worden ist, der sie seinerzeit zur ersten Fahrt hinausbegleitet hat, liegt nun bis etwa Weihnachten am äußeren Damm von Prà-Voltri. Das ist der Genueser Containerhafen, einer der größten im Mittelmeer und mit seiner Einfahrtstiefe von gut 20 Metern einer der wenigen in Italien, die das Schiff aufnehmen konnten.
In den kommenden vier Monaten sollen Arbeiter das Wrack ausweiden: Die gesamte Inneneinrichtung – vom zweistöckigen Wellnessbereich über Restaurants, Küchen und Kühlhäuser bis hin zu Sesseln, Fenstern und Bettwäsche– wird entfernt und entsorgt. Das ist zwar eine gewaltige Menge an Material: Allein die Teakholzverkleidung von Innenwänden soll ausreichen, zwei Fußballfelder zu bedecken. Insgesamt lassen sich nach heutigen Angaben aber 80 Prozent des Wracks wiederverwerten.
Die Arbeiter sollen in den kommenden Wochen auch jene persönlichen Gegenstände von Passagieren und Besatzungsmitgliedern bergen, die bisher nicht zugänglich waren und noch immer beispielsweise in den Tresoren der Kabinen liegen. Gesucht wird weiterhin auch nach den sterblichen Überresten des Kellners Russel Terence Rebello; alle anderen Opfer sind geborgen.
Das Wrack soll in diesem ersten Schritt um 18.000 Tonnen leichter und von derzeit 18,5 Metern Tiefe auf 15 Meter angehoben werden. Erst dann kann es zur endgültigen Demontage in ein reguläres Genueser Hafenbecken geschleppt werden. Alles in allem sollen die Arbeiten unter strengen Umweltauflagen ca. 22 Monate dauern und 1000 Personen eine Beschäftigung bieten. Aber nicht nur das: Angesichts des krisenbedingten Rückgangs beim traditionell starken Werftengeschäft hofft Genua, zu einem Zentrum für das Abwracken von Schiffen zu werden.
AUF EINEN BLICK
Das Wrack der Costa Concordia erreichte am gestrigen Sonntag seinen letzten Hafen in Genua, wo es ausgeweidet werden soll. Das Kreuzfahrtschiff war im Jänner 2012 vor der toskanischen Insel Giglio gestrandet. Insgesamt beziffert die Reederei die Bergungskosten mit 1,5 Milliarden Euro.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2014)