Wassermangel trifft die Wirtschaft

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Die globale Wasserknappheit belastet auch die Wirtschaft reicher Staaten. Das geht aus einer WWF-Studie zur Weltwasserwoche in Stockholm hervor.

Stockholm. Süßwasser wird lokal immer knapper. Dieses Problem betrifft nicht mehr nur Entwicklungsländer und Wüstenregionen. „Verantwortlich für die Wasserkrise und zugleich von ihr betroffen“ seien wichtige Wirtschaftszweige auch im deutschsprachigen Raum. Betroffen seien unter anderem die Lebensmittel-, Kleidungs- und Autobranche, heißt es in einer Studie der internationalen Naturschutzorganisation „World Wide Fund For Nature“ (WWF) zur anlaufenden Weltwasserwoche in Stockholm.

Im Vergleich mit anderen Ländern ist Wasser zwar in Deutschland, Österreich und der Schweiz in ausreichender Menge verfügbar und gut verwaltet. Doch wird laut WWF oft vergessen, dass etwa Deutschlands Wirtschaft sich als drittgrößte Importnation erheblich auf wasserintensive Waren aus dem Ausland stützt. Laut WWF werden dabei neben den Produkten auch sogenannte Wasserrisken importiert. Denn viele dieser Importe stammen aus Ländern mit großer Wasserknappheit, schlechter Wasserqualität, unzureichender Gesetzgebung und empfindlichen Ökosystemen.

Vier Importsektoren betroffen.

In der WWF-Studie wurden vier besonders wichtige deutsche Importsektoren mit direktem Wasserrisiko identifiziert und untersucht. Dazu zählen sowohl die Landwirtschaft als auch die Chemie-, Textil- und Bekleidungsindustrie sowie die Rohstoffindustrie. Wichtige indirekte Träger des Wasserrisikos sind laut WWF auch Finanzdienstleister, die in betroffene Unternehmen investieren. Ebenso der Einzelhandel. „Oft ist es dem Management in diesen Sektoren gar nicht klar, dass bestimmte Schwierigkeiten irgendwo in der Herstellungskette am Wassermangel liegen. Das Thema muss mehr in das Bewußtsein der Manager dringen“, sagt WWF-Studienautor Philipp Wagnitz.

Laut WWF verbraucht beispielsweise die deutsche Wirtschaft durch den Import von Baumwolle und Textilien in Pakistan jährlich 5,46 Kubikkilometer Wasser. Damit könnte der Starnberger See bei München fast zweimal nachgefüllt werden. In China, Bangladesch und Indien verbrauche Deutschland wegen der umfangreichen Textilimporte indirekt ebenfalls Unmengen an Wasser.

Schließung von Minen in Südafrika.

Auch in Russland, Libyen und Südafrika nehmen Industriestaaten durch Rohstoff- und Metallimporte viel Wasser in Anspruch. So bezog Deutschland etwa 2012 aus dem wasserintensiven südafrikanischen Bergbausektor rund 5,5 Millionen Tonnen Steinkohle, Metalle und Erze im Wert von knapp zwei Milliarden Euro. „In Südafrika mussten 2011 Minen kurzfristig wegen Wassermangels stillgelegt werden. In Indien musste ein Getränkehersteller schließen, weil die lokale Gemeinde gegen seinen hohen Grundwasserverbrauch protestierte“, nennt Wagnitz Beispiele für Wasserrisken. Wegen seiner exportorientierten Landwirtschaft verbrauchen etwa Äthiopien, Indonesien und Argentinien viel Wasser, schreibt der WWF. China, Indien und Marokko hätten durch Chemikalien-Export einen sehr hohen Wasserverbrauch.

All dies seien Länder, in denen nun das Engagement für nachhaltige Wasserwirtschaft reicher Importnationen wie Deutschland, Österreich und die Schweiz gefragt sei, so Wagnitz. „Zurzeit werden Produktionsorte einfach verlegt, wenn lokal nicht mehr genug Wasser vorhanden ist. Aber das kann man nicht in die Unendlichkeit fortsetzen, und Importeure müssen das verstehen, weil es letztlich Auswirkungen auf die Preise hat.“

Selbst „Europas Gemüsegarten“ in Südspanien droht sich durch zuviel Bewässerung selbst auszutrocknen, auch wegen der Exporte. So bezog allein Deutschland 2013 von dort 180.000 Tonnen Tomaten im Wert von rund 250 Millionen Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2014)

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