Tourismus: Wenn Opa im anderen Altersheim Urlaub macht

Vier Seniorinnen sitzen im Ort Flecken Zechlin bei Rheinsberg in Brandenburg auf einer Bank Seniori
Vier Seniorinnen sitzen im Ort Flecken Zechlin bei Rheinsberg in Brandenburg auf einer Bank Seniori(c) imago/Andreas Prost (imago stock&people)
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Vorgerücktes Alter muss bei der Entdeckung der Welt kein Hindernis sein: Die slowenische Website Linkedage vernetzt über europäische Grenzen hinweg Seniorenheime und deren austauschwillige Bewohner.

Ljubljana/Belgrad. Das Zipperlein mag im Alter häufiger zwicken, doch Fernweh schwindet mit dem Einzug ins Altersheim keineswegs. Und das Alter muss selbst für betagte Reiselustige kein Hindernis sein: Die Internetplattform Linkedage im slowenischen Ljubljana vernetzt seit Kurzem europaweit Seniorenheime – und deren Bewohner.

Als Erste hatte sich Ende Juli die 77-jährige Witwe Jozica Kučera aus dem nordslowenischen Kurort Topolšica über Linkedage in die Ferne aufgemacht: Für eine Woche tauschte sie ihren Heimplatz mit dem Spanier Miguel Ribas (82) aus dem katalonischen Küstenort Mataro. Obwohl sie nur Deutsch und Englisch spricht, hat Jozica den Austausch genossen: Das spanische Heim sei zwar „einfacher“ gewesen als ihr eigenes, erzählt die frühere Köchin: „Doch der Urlaub war super. Ich habe viele Leute und das Leben in Spanien kennengelernt.“

Die Idee ist simpel und erinnert an das Erasmus-Programm für Studenten. Bewohner von mit Linkedage verknüpften Heimen oder Altenwohnungen können gegen eine geringe Gebühr mit Senioren in anderen Ländern für eine oder mehrere Wochen Zimmer tauschen. Die Reisekosten tragen sie selbst, doch Kost, Logis und Betreuung am Zielort sind frei. „Jeder soll sich im Urlaub der Betreuung, Pflege oder Diät sicher sein können, die er zu Hause erhält“, so Projektleiterin Dijana Galijasevic.

Liegt der Anteil der über 65-Jährigen in westlichen Staaten jetzt bei etwa 15 Prozent, dürfte er bis 2060 auf über ein Drittel steigen. Linkedage will für den wachsenden Bedarf nach altersgerechtem Urlaub leistbare Alternativen schaffen. Selbst Senioren, die ihre Wohnung nicht hergeben wollen, können per Linkedage ein geeignetes Feriendomizil finden, die häufigen Überkapazitäten machen es möglich: Angeschlossene Altersheime bieten Gästen auch Zimmer samt Betreuung zu Preisen, die jene normaler Hotels nicht überschreiten – zudem Letztere in der Regel keine altersgerechte Betreuung bieten.

Belebung für den Heimalltag

In Südeuropa ist das im Aufbau befindliche Linkedage-Netz dichter als in Mittel- und Nordeuropa. Der Austausch mit England laufe an, doch fehlten noch Heime im deutschsprachigen Raum, heißt es. In jedem Partnerheim findet sich eine Ansprechperson von Linkedage. Die Kommunikation mit fremden Gästen sei bisweilen „eine Herausforderung“, sagt Diana Janezic, Koordinatorin im Heim in Topolšica: Doch seien die Gäste eine Belebung für den Heimalltag.

Das Leben im Alpenort Topolšica unterscheide sich von dem in Mataro „wie Tag und Nacht“, bekannte bei seinem Abschied aus Slowenien lächelnd der spanische „Debütant“ Ribas: „Doch ich würde mich auf ein solches Abenteuer wieder einlassen.“ Und Linkedage-Veteranin Kučera macht sich erneut auf Reisen, diesmal nach Umag in Kroatien. „Ich bin interessiert, wie alte Menschen woanders leben.“

Web:www.linkedage.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2014)

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