Expo in Spanien: Eine Stadt entdeckt ihren Fluss

(c) Reuters (Luis Correas)
  • Drucken

105 Länder präsentieren in Saragossa am Ebro ihre Visionen und technische Lösungen zum Thema Wasser - ausgerechnet beim Wasser-Verschwender Spanien, kritisieren Umweltschützer.

Saragossa. Das „Wunder“, wie Expo-Chef Roque Gistau es nennt, kam doch noch zustande: Die Weltausstellung unter dem Motto „Wasser und nachhaltige Entwicklung“ in der nordspanischen Großstadt Saragossa (Spanisch: Zaragoza) öffnete pünktlich ihre Tore und erwartet in den kommenden drei Monaten sechs Millionen Besucher. Auch wenn nach wochenlangen Regenfällen der Fluss Ebro kurz vor der Eröffnung über die Ufer trat, die Expo-Gärten überflutete und die Aufbauarbeiten kräftig störte.

Das 25 Fußballfelder große Expo-Gelände und seine Umgebung glichen bis zuletzt einer riesigen Baustelle. Ein Arbeiterheer schuftete Tag und Nacht, um das Prestigeprojekt fertig zu stellen.

Tourismus wird angekurbelt

Immerhin stehen der Ruf und Millioneneinnahmen auf dem Spiel. Die Expo dient vor allem dazu, Tourismus und Wirtschaft anzukurbeln; mit einer Mischung aus Vergnügungspark, Kulturspektakel und Technologiemesse. Jeder auswärtige Besucher, rechneten die Reisemanager aus, gebe im Schnitt 110 Euro pro Tag aus und bleibe drei bis fünf Tage.

Auf der Expo präsentieren 105 Länder ihre Visionen und technischen Lösungen zum Thema Wasser: Dabei geht es um Trinkwassergewinnung, Aufbereitung, Recycling, Wassersparen und Gewässerschutz. Die Weltausstellung will spielerisch und unterhaltsam das Interesse der Besucher wecken.

Von der Expo müsse ein „mächtiger Appell“ ausgehen, die Umweltprobleme zu lösen, sagte Spaniens Regierungschef José Luis Zapatero. Angesichts der sich zuspitzenden globalen Klima- und Wasserkrise einfach nichts zu tun, wäre „ein Irrtum mit schwerwiegenden Folgen“.

Kritik von Umweltschützern

Als besondere Attraktion gilt ein Süßwasseraquarium – das größte Europas. Ein 270 Meter langer futuristischer Brückenpavillon der irakisch-britischen Architektin Zaha Hadid, der sich über den Ebro schwingt, wird als architektonisches Meisterwerk gefeiert.

Doch die Expo wird auch von Kritik begleitet. Die Tageszeitung „El País“ beklagt ein „organisatorisches Chaos“. Mehrere Umweltverbände und Bürgerinitiativen demonstrierten unter dem Motto „Expo nein“ gegen Spekulation, Umweltzerstörung und Verschwendung, die von dem milliardenschweren Expo-Projekt ausgehe. Der Ebro sei von der Weltausstellung regelrecht vergewaltigt worden, klagen Umweltschützer und Universitätsprofessoren in einem offenen Brief.

Gleich fünf moderne Flussübergänge bekamen die knapp 700.000 Bewohner Saragossas anlässlich der Expo geschenkt. Der lange Zeit als Kloake missbrauchte Ebro soll wieder „zur Hauptstraße Saragossas werden“, versprach Bürgermeister Juan Albert Belloch. Und die Stadt, die bisher einen Tiefschlaf in der Provinz fristete, will künftig zu den großen Reisezielen Südeuropas gehören.

Die Expo besetzt eine abgelegene Flussschleife, in der früher Frösche durch Auenlandschaft hüpften. Das Gelände soll sich danach in einen Freizeit- und Gewerbepark verwandeln. Mit besserer Verkehrsanbindung an den Rest Spaniens: ein nagelneues Flughafenterminal, eine Station für den Hochgeschwindigkeitszug, Autobahnringe um die Stadt, Tiefgaragen, Parks und Radwege.

Mehr als 3,5 Milliarden Euro wurden für die Expo investiert, von Stadt, Staat und Sponsoren; auch von der Europäischen Union, deren Hilfsfonds reichlich nach Saragossa und in die umliegende Bauernregion Aragonien flossen, die bisher vor allem für ihr Lammfleisch berühmt war.

AUF EINEN BLICK

Die erste Weltausstellungwurde 1851 in London veranstaltet; die letzte fand 2005 in Japan statt. Im Jahr 2010 zieht die Expo nach China.

Die Expo 2008 in Saragossa steht unter dem Motto „Wasser und nachhaltige Entwicklung“. Spanien gilt übrigens als Europas größter Wasserverschwender.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.