Rom: Die Ewige Stadt der Verbote

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Rom(c) APA (Ernst Weiss)
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Rom will nächtliche Exzesse in den Griff kriegen und untersagt den Alkoholverkauf. Das Verbot gilt ab 21 Uhr. Um zwei Uhr nachts müssen dann auch die Lokale schließen.

ROM. Vergewaltigungen in der Neujahrsnacht, eine Messerstecherei, wüste Fußballschlachten auf dem Campo de' Fiori, Musikgehämmere und Krawall bis in die Morgenstunden – der römischen Stadtverwaltung wird das zu viel. Und weil die vor neun Monaten gewählten Rechten ohnehin Sicherheit und Ordnung auf ihre Fahnen geschrieben haben, wird nun gehandelt.

Im historischen Zentrum und in den Szenevierteln Trastevere, San Lorenzo und Testaccio ist ab sofort der Verkauf von Alkohol zum Mitnehmen untersagt. Das Verbot gilt ab 21 Uhr. Um zwei Uhr nachts müssen dann auch die Lokale schließen. Außerdem will man die heute stockdunklen historischen Gassen stärker beleuchten, eine Videoüberwachung einrichten, „die sich mit anderen europäischen Hauptstädten messen kann“, und – etwa am „Säuferdreieck“ um die Piazza Navona herum – mehr Alkoholkontrolleure postieren.

„Wir haben nichts gegen Vergnügungen“, sagt Bürgermeister Gianni Alemanno, „aber wir müssen was gegen die Kultur der Exzesse tun. Man kann ja auch Spaß haben, ohne die Selbstkontrolle und das Bewusstsein zu verlieren.“

„Freiheitsberaubung!“, schimpfen hingegen die Einzelhändler: „Die Notlage verstehe ich schon“, sagt ihr Verbandschef Cesare Pambianchi, „aber auf diese Weise wird Rom zur Stadt der Verbote!“

Nun ja, dass sich Rom irgendetwas verbieten ließe, das wäre in der Tat eine revolutionäre Neuigkeit. Deswegen sehen die Einheimischen die neue Regelung genauso gelassen wie alle Vorgängerversuche auch. Glas etwa war sommers schon länger verboten auf dem Campo de' Fiori, dem innerstädtischen Kreuzungspunkt der Nachtschwärmermassen; Besäufnisse, Schlägereien, zerbrochene Fensterscheiben gab's trotzdem mehrmals pro Woche. Am nächsten Morgen waren Platz und Gassen dann halt eben mit Plastikbechern übersät.

Und wie soll man mit den neuen Verboten umgehen? Lokalzeitungen weisen darauf hin, dass der Alkoholverkauf nur in bestimmten Zonen untersagt ist. Wer seine Flaschen von zu Hause – oder im Falle von Touristen aus dem Hotel – mitbringt, kann flanierend trinken, was und wann er will. Getränkeautomaten gibt es sowieso. Außerdem stehen in Rom die heute schon illegalen ambulanten Verkäufer an jeder Gassenecke; noch kein Rathausbeschluss, noch keine Polizeirazzia haben sie vertrieben.

Tarnen und Täuschen

Schwierigkeiten hat die Stadtverwaltung auch mit der Klassifizierung der Geschäfte. Viele Straßenrestaurants sind nicht als Bewirtungs-, sondern als Handwerksbetriebe gemeldet – Stehpizzerien etwa, die jetzt um ihr Ende fürchten, wenn sie nach 21 Uhr kein Bier mehr verkaufen dürfen. Und mehr als 100 Trattorien oder Nachtlokale tarnen sich aus Steuer- und Disziplingründen als „Kulturvereinigung“. Darunter sind Lokale, die in internationalen Reiseführern stehen, den römischen Behörden aber bisher nicht weiter aufgefallen sind.

WISSEN

In vielen europäischen Städten wird über ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen diskutiert – von Wien über Frankfurt bis Madrid. Am Salzburger Rudolfskai wurde ein solches durchgesetzt – mit großem Erfolg, wie die Politik versichert. In den Londoner öffentlichen Verkehrsmitteln und auch auf einigen spanischen Stränden muss bereits auf Alkohol verzichtet werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2009)

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