Niederlande: Unruhen bei Beginn des Nikolausfests

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Weil Sinterklaas vom Zwarte Piet, einer Mohrengestalt, begleitet wird, gärt der Vorwurf des Rassismus. Bei Einzügen des Nikolaus gab es Randale und zahlreiche Verhaftungen.

Was in den Niederlanden über hunderte Jahre ein gemütliches und fröhliches Fest für Kinder und ihre Familien war, begann heuer mit einem so ungewöhnlichen wie traurigen Auftakt: mit Demonstrationen und Verhaftungen.

Ein Brennpunkt der Vorfälle war die südholländische Stadt Gouda nahe Rotterdam, das bekannte Zentrum der Käseproduktion. Dort wurden 90 Menschen verhaftet, während am Wochenende der traditionelle Einzug des Heiligen Nikolaus mit seinem Assistenten, dem Zwarte Piet (Schwarzer Peter), stattfand. Hundertschaften von Polizisten mussten Nikolaus und Piet (die einen Schwarzen darstellende Figur tritt als Begleitung stets in Gruppen auf und verteilt Süßigkeiten) vor Angriffen und Wurfgeschossen beschützen. Hintergrund der Proteste ist der Vorwurf des Rassismus: „Der Zwarte Piet ist rassistisch“, skandierten Demonstranten am Rande der Umzüge. Umgekehrt gab es freilich auch zahlreiche Gegendemonstranten, die riefen: „Der Zwarte Piet muss bleiben!“

„Die Atmosphäre war sehr grimmig“, sagte der Bürgermeister von Gouda, Milo Schoenmaker. „Das ist eine traurige Entwicklung. Ich musste der Polizei den Befehl geben einzugreifen.“

Tausende von Eltern und Großeltern, die mit ihren Kindern zum Empfang des Nikolaus nach Gouda gekommen waren, fanden tatsächlich kein gutes Wort für die Demonstranten, die den feierlichen Einzug von Nikolaus und Piet störten. „Mein Sohn hatte Angst“, twitterte etwa ein Vater namens Jan, der mit seinem fünfjährigen Sohn zum Umzug gekommen war. Und: „Das Fest ist ja zu einem Albtraum geworden.“

Eine bizarre Debatte

Dies indes wurde es, weil in den Niederlanden seit Wochen, im Grunde seit einigen Jahren, eine bizarre und heftige öffentliche Debatte tobt, ob der Zwarte Piet eine rassistische Figur ist oder nicht. Piet-Gegner argumentieren, dass er mit seinem dunklen Gesicht, dem Kraushaar, den roten Lippen und goldenen Ohrringen an die Jahrhunderte des Sklavenhandels erinnere, in dem die Niederlande eine prominente Rolle gespielt haben, im Übrigen seien die Piet-Darsteller meist bemalte Weiße. Die Causa beschäftigte sogar schon das Anti-Rassismus-Komitee der UNO, von dem es Kritik an den Niederlanden gab. Auch haben Aktivisten vor niederländischen Gericht erfolglos versucht, ein Verbot der Auftritte des Zwarte Piet zu erzwingen.

Weniger politisierende Menschen hingegen sagen, es gehe doch nur um ein harmloses Kinderfest, und der Zwarte Piet sei keineswegs diskriminierend. Immerhin ist er eine positiv besetzte Figur, die auch die Kinder erfreut.

Die Stadt Gouda hatte dem Nikolaus (auf Niederländisch Sinterklaas) übrigens heuer auch gelb geschminkte Pieten zur Seite gestellt, um die rassismuswähnenden Kritiker zu besänftigen. Aber das half nichts. Im Gegenteil: Jetzt johlten Anhänger des Zwarte Piet den gelben Piet aus und sorgten für weiteren Unfrieden.

Kugelsichere Weste für Nikolo?

Laut Tradition und Inszenierung reisen Sinterklaas und seine Pieten übrigens per Dampfschiff aus Spanien an. Die Atmosphäre bei ihrer Ankunft war heuer nicht nur grimmig, sondern sogar spürbar gefährlich. Gerüchten zufolge sollen manche Nikolausdarsteller heuer sogar erstmals kugelsichere Westen unter ihrem Bischofsgewand tragen, aus Angst vor Attentaten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2014)

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