M. läuft jedes Jahr den London-Marathon, und ihr Mann B. ist Vegetarier. Sie trinken nicht und rauchen nicht.
LONDON(rei).Doch wenn sie an einem Samstagabend ihren zweijährigen Sohn der Obhut der Babysitterin übergeben haben und sich ins Partygewimmel stürzen, gehört der „Joint“ selbstverständlich dazu. „Ohne einen Spliff ist das nichts“, sagt B.
In den vergangenen 30 Jahren hat Großbritannien auf dem Drogensektor eine wahre Revolution erlebt: Einst verpönt, gehört es bei Stars wie Kate Moss heute fast zum guten Ton, beim Kokainkonsum fotografiert zu werden. Laut Innenministerium geben zehn Prozent aller Erwachsenen, rund drei Millionen Menschen, zu, verbotene Substanzen zu konsumieren. Ein Drittel aller Briten räumt ein, mindestens einmal in ihrem Leben Drogen genommen zu haben.
Am weitesten verbreitet ist Haschisch: 44 Prozent der 15- und 16-jährigen Briten haben nach einer UN-Studie bereits Erfahrung mit der Droge, für deren Besitz und Konsum Haftstrafen von bis zu sieben Jahren drohen.
Die spektakulärsten Zuwächse verzeichnete in den letzten Jahren Kokain, das in der aufstrebenden Mittelklasse beinahe zu einem „Muss“ geworden ist. Eine Dreiviertelmillion gibt zu, die Droge regelmäßig zu konsumieren.
Die Politik reagiert auf all das hilflos: Immer noch wird Drogenpolitik auf Grundlage eines Gesetzes von 1971 gemacht, das der heutigen Wirklichkeit längst nicht mehr gerecht wird.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2009)