Pfleger unter Mordverdacht: Kliniken prüfen 180 Todesfälle

Symbolbild. Mittels einer Überdosis eines Herzmedikaments soll ein Pfleger in Deutschland mehrere Menschen ermordet haben.
Symbolbild. Mittels einer Überdosis eines Herzmedikaments soll ein Pfleger in Deutschland mehrere Menschen ermordet haben.(c) Clemens Fabry/Die Presse
  • Drucken

In Niedersachsen steht ein Krankenpfleger wegen mehrfachen Mordes vor Gericht. Seine früheren Arbeitgeber vermuten weitere Fälle.

Wegen dreifachen Mordes und zweifachen Mordversuchs in Delmenhorst steht ein 37-jähriger ehemaliger Krankenpfleger im deutschen Bundesland Niedersachsen vor Gericht. Doch der Mann könnte für noch mehr Todesfälle verantwortlich sein. Der Tod von mehr als 180 Menschen wird im Zusammenhang mit dem Prozess nun untersucht. Auch seine Arbeit im Klinikum Oldenburg wird jetzt überprüft.

Bei zwölf Sterbefällen in dem Krankenhaus gebe es Hinweise auf Fremdeinwirkung, sagte ein Gutachter am Dienstag in Oldenburg. In Delmenhorst untersucht eine Sonderkommission derzeit 174 Todesfälle im örtlichen Klinikum, auch dort hatte der Pfleger gearbeitet.

Prahlerei im Gefängnis

Der Mann wurde bereits 2008 wegen Mordversuchs zu einer Haftstrafe von siebeneinhalb Jahren verurteilt. Im Gefängnis prahlte er nach Zeugenaussagen mit seinen Taten. Bei 50 Toten habe er aufgehört zu zählen.

Ob die zwölf Todesfälle in Oldenburg dem Pfleger zu Last gelegt werden können, ist nach Angaben der Klinik unklar. Der Gutachter, Georg von Knobelsdorff, hatte bei den schwer kranken Patienten einen erhöhten Kaliumspiegel festgestellt. In sieben Fällen sei eindeutig von Fremdeinwirkung auszugehen, sagte von Knobelsdorff. In fünf Fällen sei diese nicht ausgeschlossen. Der Gutachter hatte in Oldenburg 56 Sterbefälle während der Dienstzeit des Mannes auf der herzchirurgischen Intensivstation und einen in der Anästhesiepflege überprüft.

In Delmenhorst untersuchen zur Zeit Polizei und Staatsanwaltschaft den Tod von 174 Patienten, die von 2003 bis 2005 während der Schichten des Krankenpflegers starben. Bevor der Pfleger in Delmenhorst anfing, arbeitete er von 1999 bis 2002 am Klinikum Oldenburg.

Überdosis auch aus Langeweile

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm jetzt vor, Patienten eine Überdosis eines Herzmedikaments gespritzt zu haben, um sie danach wiederbeleben zu können. Später soll sein Motiv auch Langeweile gewesen sein.

"Nirgendwo kann ein Serienmörder so unbehelligt sein Unwesen treiben wie im Krankenhaus oder Pflegeheim. Denn der Tod ist hier allgegenwärtig", sagte Eugen Brysch, Vorstand Deutsche Stiftung Patientenschutz. Oft könne nur das Team den Täter überführen. Bei toten Kindern und alten Menschen müsse es verpflichtende amtsärztliche Leichenschauen geben.

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.