"American Sniper": Was Scharfschützen über Chris Kyle denken

"American Sniper", ein umstrittener Film.(c) Warner Bros.
  • Drucken

Der Hollywood-Film hat für eine heftige Kontroverse gesorgt. Aber was denken eigentlich andere US-Scharfschützen über Chris Kyle und den Film?

Der ehemalige Marines-Scharfschütze Anthony Swofford erlangte durch sein Buch "Jarhead", das von Hollywood unter gleichnamigen Titel verfilmt wurde, Berühmtheit. Darin bezeichnete er sich selbst als den bekanntesten Scharfschützen der Welt, der nie einen Menschen getötet hat. Denn er nahm zwar am Ersten Irakkrieg teil, gab aber niemals einen tödlichen Schuss ab. Er sieht bei Chris Kyle das Dilemma eines Mannes, der "larger than life" ist. Er spricht vom "Mythos des kompletten und fehlerlosen Helden, eines Mannes, der nicht nur die bösen Kerle tötet, sondern auch die guten Kerle rettet." Krieg sei jedoch niemals so einfach: "Aber als Nation wollen wir es simpel und rein. Und wir wollen auch unsere Helden auf diese Weise."

"Wenn du ein Marine sein willst, ein echter Marine, dann musst du töten", schreibt er in seinen Erinnerungen. "Du hältst dich für einen schlechten Marine und sogar für einen schlechten Menschen, weil du niemanden im Kampf getötet hast." Er habe Jahre gebraucht, um damit fertig zu werden. Erst im Nachhinein erkennt Swofford, dass er vielleicht verrückt geworden wäre oder sich selbst umgebracht hätte, wenn er tatsächlich einen Mann getötet hätte.

"Kyles Krieg war nicht meiner"

Garett Reppenhagen, Scharfschütze der US-Army, wiederum sagt im Gespräch mit "Salon", dass Chris Kyles Krieg nicht seiner gewesen sei. Denn Kyle betrachte die Okkupation des Irak als notwendig, um Terroristen zu stoppen und die Iraker als "Wilde" (das schreibt Chris Kyle wiederholt in seiner Autobiografie "American Sniper"). Das sei "nicht unrealistisch", auch viele Soldaten seiner Einheit hätten das so gesehen, schreibt Reppenhagen. Aber Krieg nur durch Kyles Augen zu sehen, greife zu kurz. Er selbst habe die Iraker niemals als Wilde betrachtet. Sie hätten vielmehr eine freundliche Kultur, die an Gastfreundschaft glaube. Es sei beschämend, dass der Film Ignoranz vergrößere und diese Menschen in Gefahr bringe.

Reppenhagen sieht sich als Scharfschütze nicht als Opfer traumatischer Ereignisse, sondern als Verursacher von Gewalt und Tod. Er hätte seine Taten besser akzeptieren können, wenn er an eine höhere Mission für das Gute geglaubt hätte. Stattdessen habe er aber dabei zusehen müssen, wie sich der Zweck des Irak-Einsatzes immer mehr auflöste. Der posttraumatische Stress, mit dem er zu kämpfen habe, sei auf die Untaten der Amerikaner (Abu Ghraib) zurückzuführen. Kyle führte seine posttraumatische Belastungsstörung hingegen darauf zurück, dass er nicht noch mehr US-Soldaten habe retten können.

Man dürfe Kyles Sicht der Dinge und auch den Film nicht als "die" Geschichte verstehen, sondern nur als eine von vielen. Es habe ihn nicht verwundert, dass Zuseher nach dem Kinobesuch losziehen wollten, "to go kill some ragheads". Es sei traurig, dass die kurzsichtige Darstellung von Irakern dazu führe, dass noch mehr Leute Araber fürchten und Gewalt gegen sie glorifizieren.

"Ich habe es geliebt, den Feind zu töten"

"Fox6now.com" zitiert den US-Army-Scharfschützen Brandon Smith, der es nicht übers Herz bringt, sich den Film anzusehen. Zu sehr spiegle dieser sein Leben wieder: "Ich habe es genossen, auf dem Dach zu liegen, zu wissen, dass es jeden Moment so weit sein könne. (...) Ich habe es geliebt, den Feind zu töten." Wie auch Kyle habe er keine seiner Taten jemals bereut.

Army-Scharfschütze Louis Bravo meint laut "Fox", der Film "American Sniper" lasse ihn das Schlachtfeld vermissen. "Ich war stolz, was ich dort getan habe. Jetzt, wo ich draußen bin, fühle ich mich wie ein Niemand." Er versteht, dass Kyle die Iraker als Wilde bezeichnet habe. "An den Orten, wo er war, war jeder Iraker der Feind."

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Weltjournal

USA: Der Scharfschütze und sein Mörder, der im Fond mitfuhr

Als „American Sniper“ machte Chris Kyle im Irak-Krieg Furore. Den großen Ruhm erlebte er nicht mehr. Sein Mörder erhielt lebenslang.
Der 27-jährige Eddie Ray Routh.
Weltjournal

Lebenslange Haft für Tötung des "American Sniper" Chris Kyle

Ein Irakkriegsveteran ist wegen der Tötung des "tödlichsten Scharfschützen der US-Militärgeschichte" im Jahr 2013 verurteilt worden.
Filmkritik

"American Sniper": Ein Cowboy gegen die "Wilden" im Irak

Clint Eastwood hat die Autobiografie des tödlichsten Scharfschützen in der US-Geschichte verfilmt. In "American Sniper" spielt Bradley Cooper fantastisch einen Mann, der von seinen eigenen Männlichkeitsfantasien zerfressen wird.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.