Der ehemalige SPD-Politiker muss 5000 Euro an eine Kinderschutzeinrichtung zahlen – damit wird das Verfahren wegen Besitzes von Kinderpornografie eingestellt. Sein Geständnis relativierte Edathy aber rasch wieder.
Berlin. Er habe einen Fehler gemacht, er gebe die Vorwürfe der Anklage zu und es tue ihm leid: Die Sprecherin des Landgerichts Verden in Niedersachsen fasste am Montag vor Journalisten zusammen, warum der Prozess gegen den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy eingestellt wurde. Der Angeklagte legte ein Geständnis ab und muss 5000 Euro an den Kinderschutzbund Niedersachsen überweisen. Somit wird Edathy auch nicht vorbestraft sein.
Die Wirkung des Geständnisses sollte nicht lang anhalten, denn gleich nach der Verhandlung beeilte sich Edathy, die Erklärung zu relativieren: Sie sei kein Eingeständnis von Schuld. Vielmehr habe er gemäß der Anklage zugegeben, Ende des Jahres 2013 kinderpornografisches Material auf seinen Dienst-Laptop heruntergeladen zu haben – also das, was er bisher immer bestritten hat. Zuvor hatte die Anklage für die Einstellung des Verfahrens ein glaubwürdiges Schuldeingeständnis verlangt. Sein nachträgliches Korrigieren wird den Beschluss, der nun rechtskräftig ist, auch nicht mehr ändern. Edathy kam zugute, dass die Dateien und die Dichte des kinderpornografischen Materials laut dem Richter als gering eingestuft wurde. Nach dem Verfahren hieß es auch, dass er eine zweite Chance verdient habe, wiewohl Kinderpornografie kein Kavaliersdelikt sei.
Affäre zieht weite Kreise
Mit der Einstellung ist die Affäre Edathy längst nicht vom Tisch. Derzeit beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss damit, ob der ehemalige Politiker – der sich selbst als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zu den NSU-Morden einen Namen gemacht hat – über den Verdacht gegen ihn vorgewarnt wurde. Edathy zufolge hat ihn sein Parteigenosse Michael Hartmann mit Informationen versorgt – Hartmann bestreitet das vehement, vor dem Ausschuss im Jänner verweigerte er aber die Aussage.
Insgesamt sollen laut NDR 57 Personen über die Ermittlungen bereits vor den Hausdurchsuchungen im Februar 2014 Bescheid gewusst haben – das ist weit mehr als bisher angenommen. Darunter befinden sich auch Teile der SPD-Führungsspitze. So hat der damalige Innenminister und spätere Agrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) den SPD-Chef Sigmar Gabriel über Edathy aufgeklärt.
Ob es ein Verfahren gegen Friedrich wegen Geheimnisverrats geben wird, steht noch nicht fest; jedenfalls ist der Bundesagrarminister nach öffentlichem Druck Mitte Februar zurückgetreten. Ermittelt wird inzwischen auch gegen den Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttich. Auch er soll geheime Informationen über die Edathy-Affäre weitergegeben haben. (duö)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2015)