Airbus-Absturz: Copilot war vor Berufseinstieg suizidgefährdet

Ein Rettungsarbeiter inspiziert Wrackteile, die beim Absturz der Germanwings-Maschine an schwer zugängliche Stellen geschleudert wurden.
Ein Rettungsarbeiter inspiziert Wrackteile, die beim Absturz der Germanwings-Maschine an schwer zugängliche Stellen geschleudert wurden.(c) REUTERS
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In den Untersuchungen der letzten Jahre dürfte aber keine Selbstmordgefahr festgestellt worden sein. Nach deutschem Recht dürfen Ärzte ihre Verschwiegenheit nur in Notfällen brechen.

Der Copilot der Germanwings-Maschine war vor seiner Karriere als Berufspilot als selbstmordgefährdet eingestuft und in psychotherapeutischer Behandlung. Das hat die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft am Montag mitgeteilt. "Im Folgezeitraum und bis zuletzt haben weitere Arztbesuche mit Krankschreibungen stattgefunden, ohne dass Suizidalität oder Fremdaggressivität attestiert worden ist", heißt es in einer Mitteilung. 

Die entsprechenden ärztlichen Dokumentationen würden bisher keine organische Erkrankung ausweisen. Eine Reihe von Zeugen aus dem persönlichen und beruflichen Umfeld seien bereits vernommen worden.

Der Copilot soll für den Absturz der Airbus-Maschine in der Vorwoche verantwortlich sein - es fehle weiterhin an der belegbaren Ankündigung einer solchen Tat als auch an einem aufgefundenen Tatbekenntnis. Im unmittelbaren persönlichen und familiären Umfeld oder am Arbeitsplatz sind keine besonderen Umstände bekannt geworden, die Hinweise über ein mögliches Motiv geben können, betonte die Staatsanwaltschaft

Uniklinikum übermittelt Krankenakten

Der 27-Jährige, der nach bisherigen Erkenntnissen den Airbus mit 150 Menschen an Bord absichtlich abstürzen ließ, war vor einigen Wochen als Patient an das Uniklinikum Düsseldorf gekommen. Dabei ging es den Angaben zufolge um "diagnostische Abklärungen", die aber nicht näher erläutert wurden. Das Uniklinikum hat am Montag der Staatsanwaltschaft seine Krankenakten des Copiloten der abgestürzten Germanwings-Maschine übermittelt. Es blieb unklar, in welcher der vielen Abteilungen der Copilot untersucht wurde. Zwischen Februar 2015 und dem 10. März war der Mann mindestens drei Male vorstellig geworden.

Das Klinikum hatte Berichte dementiert, wonach "Andreas L. wegen Depressionen in unserem Haus in Behandlung gewesen sei". Die Übergabe der Akten war ursprünglich für Freitag angekündigt worden.

Schweigepflicht gilt über den Tod hinaus

Nach geltendem deutschen Recht dürfen Ärzte ihre gesetzlich vorgeschriebene Verpflichtung zur Verschwiegenheit nur in seltenen Notfällen brechen und etwa Angehörige oder Behörden über Gefahren informieren, die von einem uneinsichtigen Patienten ausgehen.

Nach dem Berufsrecht der Ärztekammern müssen Mediziner über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Arzt anvertraut oder bekannt geworden ist, auch über den Tod des Patienten hinaus schweigen. Laut Paragraf 203 des Strafgesetzbuches können Ärzte sogar mit bis zu einem Jahr Haft verurteilt werden, wenn sie "ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis" eines Patienten preisgeben. Diese Verschwiegenheit gilt auch über den Tod des Patienten hinaus - es sei denn, der Arzt wird von dieser Pflicht entbunden.

Zweite Blackbox noch nicht entdeckt

Eine knappe Woche nach dem Absturz der Germanwings-Maschine ist die zweite Blackbox noch immer nicht gefunden. Für die französischen Gendarmen, die die Gebirgsregion bei Seyne-les-Alpes absuchen, ist das nicht überraschend.

"Man muss schon hier vor Ort sein, um zu begreifen, worum es geht", sagt einer der Suchkräfte. "Wir haben eine Flugzeugturbine gefunden, die 400 Meter weit vom Aufschlagspunkt der Maschine fortgeschleudert worden ist."

Der Einsatzort ist eine Felswand, die Hänge sind 40 bis 60 Grad steil. Der Airbus A320 ist beim Aufprall zerschmettert worden, die Trümmer liegen über ein Gebiet von fast zwei Hektar Größe zerstreut. Rund 50 Experten sind täglich im Einsatz - um den Flugdatenschreiber, Flugzeugtrümmer und sterbliche Überreste der 150 Opfer zu suchen. Und nicht alle Ermittler sind in dem hochalpinen Gelände trittsicher. "Man muss sie also begleiten, dass dauert weitere Zeit", sagt Stéphane Laout von der Hochgebirgsgendarmerie aus Grenoble.

(APA/dpa)

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