Indonesien: Australien ruft nach Hinrichtungen Botschafter zurück

A supporter of Australian convicted drug trafficker Andrew Chan holds a picture of him at a vigil in Sydney
A supporter of Australian convicted drug trafficker Andrew Chan holds a picture of him at a vigil in SydneyREUTERS
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Trotz heftiger Proteste wurden zwei Australier, ein Brasilianer und vier Afrikaner hingerichtet, die mit Drogen gehandelt hatten. Vor allem Australien hatte zuvor mit massiven Konsequenzen gedroht.

Auf der indonesischen Gefängnisinsel Nusakapamgan vor Java wurden am Mittwoch kurz nach Mitternacht (Ortszeit) acht verurteilte Drogenhändler, darunter sieben Ausländer, durch ein Erschießungskommando getötet. Es handelte sich um drei Nigerianer, zwei Australier, einen Brasilianer und einen Ghanesen. Sie waren teils neun Jahre lang in Haft gesessen. Die Hinrichtung einer Philippinerin wurde in letzter Minute ausgesetzt. Alle weltweiten Gnadenappelle waren ebenso abgeschmettert worden wie Sanktionsdrohungen etwa Australiens.

Es war ein makabres Schauspiel, das die indonesischen Behörden der Weltöffentlichkeit boten: Wie australische Medien berichteten, waren am Dienstag bereits die Särge der Verurteilten in das Gefängnis gebracht worden. Es kursierten Fotos von Kreuzen, auf denen das Todesdatum 29. April stand. Auch ein Franzose wartet in Indonesiens „Alcatraz“ auf seinen Tod wegen Drogenhandels.

Der Sarg des hingerichteten Brasilianers Rodrigo G.
Der Sarg des hingerichteten Brasilianers Rodrigo G.(c) APA/EPA/BAGUS INDAHONO (BAGUS INDAHONO)

Internationale Reaktionen

Nach Hinrichtung hat Australien als erstes Land diplomatische Konsequenzen angekündigt. Regierungschef Tony Abbott verurteilte die "grausamen und unnötigen Hinrichtungen". Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verurteilte die Vollstreckung als "sinnlosen, tragischen und verheerenden vom Staat sanktionierten Mord".

Canberra werde den Botschafter zu Konsultationen zurückrufen, sobald die sterblichen Überreste der beiden Australier Myuran Sukumaran (34) und Andrew Chan (31) auf dem Weg nach Australien seien, teilte Regierungschef Tony Abbott mit. "Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen", sagte er vor der Presse. Gleichzeitig betonte er aber, die Beziehungen zu Indonesien seien wichtig. "Wir müssen vorsichtig sein und sicherstellen, dass unser Ärger eine schlimme Situation nicht noch schlimmer macht."

Die Australier gehörten laut Urteil zu einer Bande, die 2005 Heroin von der indonesischen Insel Bali schmuggeln wollte. Myuran Sukumaran (ein ethnischer Sri Lanker) und Andrew Chan (chinesische Eltern) war am Dienstag von ein Abschiedsbesuch ihrer Familien gewährt worden. Diese baten um Gnade. Sukumarans Schwester brach zusammen und musste gestützt werden. „Ich werde ihn nie wiedersehen. Sie werden ihn um Mitternacht (19.00 Uhr MESZ) erschießen“, sagte Raji Sukumaran, die Mutter Myuran Sukumarans. Unter Tränen flehte sie Indonesiens Präsident Joko Widodo an, ihren Sohn zu verschonen. „Sagen Sie die Hinrichtung ab. Bitte nehmen Sie mir nicht meinen Sohn.“

Drohung mit Konsequenzen

Auch die philippinische Verurteilte, Mary Jane Veloso, hatte am Dienstag ihre Familie zu einem letzten Besuch empfangen. Die anderen Todeskandidaten hatten ihren Angehörigen bereits am Wochenende Lebewohl gesagt. Chan war am Montag sein letzter Wunsch gewährt worden: Er heiratete seine indonesische Freundin.

Bis auf den Franzosen Serge Atlaoui hatten am Samstag alle verurteilten Ausländer die Nachricht von ihrer Hinrichtung erhalten. Atlaouis Exekution könnte zunächst aufgeschoben werden, nachdem er unter Verweis auf ein laufendes Berufungsverfahren von der Hinrichtungsliste genommen worden war. Die französische Regierung hatte zuvor Indonesien mit Konsequenzen gedroht, sollte das Todesurteil an ihrem Staatsbürger tatsächlich vollstreckt werden.

Beerdigung des Indonesiers Zaenal A.
Beerdigung des Indonesiers Zaenal A.(c) REUTERS (BEAWIHARTA)

Auch Australiens Außenministerin Julie Bishop kündigte an, dass eine Exekution der beiden Australier Konsequenzen für die australisch-indonesischen Beziehungen haben werde. Ihre Regierung protestiert seit Wochen massiv.

Widodo hat sich jegliche „Einmischung von außen“ in Indonesiens Justiz verbeten. Beobachter gehen davon aus, dass Widodo auch aus innenpolitischen Gründen auf stur schaltet. Der Präsident und frühere Unternehmer will nicht in den Augen des mächtigen Militärs als schwach wirken.

Strenge Anti-Drogen-Gesetze

Nachdem Exekutionen für Drogenhandel eine Zeit lang ausgesetzt worden waren, hat sie Widodo, der seit Oktober 2014 amtiert, wieder zugelassen. Er stellte mehrfach klar, dass es „keine Gnade“ für Drogenschmuggler gebe.
Indonesien zählt zu den Ländern mit den strengsten Drogengesetzen weltweit. Erst im Jänner waren unter internationalem Protest sechs Menschen wegen Drogendelikten hingerichtet worden, darunter fünf Ausländer.

(APA/Reuters)

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