Argentinien: Strafe reduziert, weil Bub schon früher vergewaltigt wurde

Die Entscheidung der Richter, die Strafe für den Vergewaltiger zu reduzieren, sorgt in Argentinien für Empörung.

Zwei Richter in Argentinien haben das Strafmaß gegen einen Pädophilen reduziert, der einen sechsjährigen Buben sexuell missbrauchte - weil der Knabe vorher schon einmal vergewaltigt worden war. Die Entscheidung in einem Berufungsprozess, die sechsjährige Haftstrafe auf drei Jahre und zwei Monate zu reduzieren, sorgte für Empörung in dem südamerikanischen Land.

Der Vizepräsident eines kleinen Fußballklubs nahe Buenos Aires war wegen der Vergewaltigung des Buben, der in dem Verein spielte, im Jahr 2011 verurteilt worden. Die Richter Horacio Piombo und Benjamin Sal Llargues befanden nun, sechs Jahre Haft seien zu viel. Zur Begründung führten sie an, dass der Knabe bereits von seinem eigenen Vater sexuell missbraucht worden war. Nach ihrer Auffassung konnte das Kind nicht noch einmal vergewaltigt werden - sondern lediglich missbraucht.

"Sexuelle Orientierung des Minderjährigen festgelegt"

"Es ist klar, dass die sexuelle Orientierung des Minderjährigen zum Zeitpunkt der Tat bereits festgelegt war", erklärten die Richter. Sie verwiesen auf Zeugenaussagen, wonach der Bub von seinem wegen Missbrauchs verurteilten Vater gezwungen worden sei, sich wie ein Transvestit zu kleiden. Richter Piombo sagte in einem Radiointerview, im Falle des Fußballtrainers hätten "keine erschwerenden Umstände vorgelegen, weil das Opfer die Situation bereits mit einem anderen Peiniger erlebte". "Das erniedrigendste (für das Kind) war, als sein Vater von ihm abartige Praktiken verlangte".

Die Staatsanwaltschaft bezeichnete die Entscheidung der Richter als "pervers und irrational" und legte Revision ein. Die argentinische Vereinigung der Schwulen, Lesben, Bi- und Transsexuellen (FALGBT) forderte eine Bestrafung der Richter. Die Staatsanwaltschaft legte Revision gegen das Urteil ein.

Gegen die beiden Richter war vor einigen Jahren schon einmal wegen eines stigmatisierenden Urteils Anzeige erstattet worden, wie der FALGBT-Vorsitzende Esteban Paulon sagte. Damals hätten sie die soziale Herkunft eines Vergewaltigungsopfers als strafmildernd bewertet.

(APA/AFP)

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