Patient soll sterben

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Magensonde des querschnittgelähmten Wachkoma-Patienten darf entfernt werden.

Paris. Seine Ehefrau und mehrere Geschwister waren dafür gewesen, seine Eltern dagegen: Nun hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine Entscheidung getroffen: Der querschnittgelähmte Wachkoma-Patient Vincent Lambert darf sterben.

Die Entscheidung des obersten französischen Verwaltungsgerichts, die künstliche Ernährung des 38-Jährigen zu beenden, sei kein Verstoß gegen das Recht auf Leben der Europäischen Menschenrechtskonvention, befanden die Richter in Straßburg.

Lambert hatte vor sieben Jahren einen Motorradunfall erlitten; seither ist er Tetraplegiker – also infolge eines Bruchs der Halswirbelsäule an allen vier Gliedmaßen gelähmt – und liegt mit irreversiblen Hirnschäden im Krankenhaus. Seine Ärzte in der ostfranzösischen Stadt Reims wollten die lebensverlängernden Maßnahmen einstellen. Da sich der Patient aber nicht äußern kann und keine Patientenverfügung vorliegt, erklärte seine Frau, dass passive Sterbehilfe im Sinne ihres Mannes sei. Doch da legten sich die Eltern des Patienten und zwei Geschwister aus religiösen Gründen quer und setzten alle Rechtsmittel ein. Die Eltern hatten deshalb vor dem EGMR geklagt. Für sie ist Lambert schwerbehindert; den Stopp der künstlichen Ernährung betrachten sie als „verkappte Euthanasie“.

Lambert bewege den Kopf, wenn man ihn anspreche, sagen die Eltern. Die Ärzte sind aber der Meinung, es handle sich nur um unbewusste Reflexe. Sie können nun mit Zustimmung der Ehefrau die Magensonde des früheren Krankenpflegers entfernen.

Vorbild für weitere Staaten?

Das Urteil ist endgültig; eine Berufung ist nicht möglich. Andere Länder, die Sterbehilfe-Gesetze einführen, könnten die französische Regelung über das Lebensende und das EGMR-Urteil als Beispiel nutzen, sagte der Anwalt der Ehefrau Lamberts. Der Anwalt der Eltern bezeichnete das Urteil als „skandalös“ . (ag)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2015)

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