Vorwürfe gegen Mexikos Militär: "Befehl lautete zu töten"

Clara Gomez Gonzalez takes part in a news conference to present a report about the Tlatlaya case, in Mexico City
Clara Gomez Gonzalez takes part in a news conference to present a report about the Tlatlaya case, in Mexico City(c) REUTERS (EDGARD GARRIDO)
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Interne Dokumente legen nahe, dass die Militärs ihren Soldaten einen Tötungsbefehl gegen Kriminelle erteilt haben. Amnesty International verlangt Aufklärung.

Amnesty International verlangt Aufklärung über einen mutmaßlichen Militärbefehl zur gezielten Tötung von Kriminellen in Mexiko. Zuvor war eine Order aufgetaucht, nach der Soldaten im Schutz der Dunkelheit Kriminelle erschießen sollten.

Vor einem mutmaßlichen Militärmassaker in der Ortschaft Tlatlaya in Mexiko haben die Streitkräfte nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten den Soldaten einen Tötungsbefehl gegen Kriminelle erteilt. Die Truppen sollten ihre Einsätze vor allem in der Nacht durchführen und Kriminelle in der Dunkelheit erschießen, heißt es in einem angeblichen Militärdokument, das die Menschenrechtsorganisation Prodh am Donnerstag vorlegte. "Der Befehl lautete zu töten", sagte der Vorsitzende des Journalistenverbandes Artículo 19, Darío Ramírez.

Auch Menschen, die sich ergaben, erschossen

Die Order stamme vom 11. Juni des vergangenen Jahres. Am 30. Juni kam es in Tlatlaya im Bundesstaat México zu Gefechten zwischen Soldaten und mutmaßlichen Bandenmitgliedern, bei denen 22 Menschen ums Leben kamen. Mindestens acht Opfer sollen erschossen worden sein, nachdem sie sich bereits ergeben hatten. Gegen sieben Militärs wird deshalb ermittelt.

Die Menschenrechtsorganisation habe durch eine einstweilige Verfügung Zugang zu dem Befehl erhalten, sagte Prodh-Direktor Mario Patron. Die Order sei vom 102. Infanterie-Bataillon ausgestellt worden, in dessen Zuständigkeitsgebiet Tlatlaya fällt.

Interne Ermittlung wurde sofort eingeleitet

Die Unterlagen beweisen laut Prodh zudem, dass den Streitkräften bereits am Tag der Schießerei in Tlatlaya der Rechtsverstoß bewusst war. Sie leiteten sofort eine interne Ermittlung ein. In einer öffentlichen Mitteilung erklärten sie hingegen, die Soldaten hätten sich lediglich gegen einen Angriff der Verdächtigen verteidigt. Nach dem mexikanischen Militärhandbuch dürfen Soldaten nur dann tödliche Gewalt anwenden, wenn ihr eigenes oder das Leben Dritter in Gefahr ist oder um ein schweres Verbrechen zu verhindern.

Prodh forderte eine umfassende Untersuchung der Befehlskette im Fall Tlatlaya und ein Ende des Einsatzes der Streitkräfte im Inneren. "Das Massaker in Tlatlaya ist kein Einzelfall. Es ist die Politik des Staates, Menschen zu töten, die mit dem organisierten Verbrechen in Kontakt stehen sollen", sagte der Aktivist José Antonio Guevara.

Das nun aufgetauchte Dokument lege nahe, dass es sich bei dem Vorfall nicht um einen zufälligen Zusammenstoß zwischen Soldaten und Bandenmitglieder handelte, sondern dass das Militär gezielt Kriminelle ausschalten sollte, schrieb Amnesty International. Die Zivilbehörden müssten Ermittlungen einleiten, hieß es am Freitag in einer Stellungnahme der Menschenrechtsorganisation.

Bis zu 45.000 Soldaten im Einsatz

Zuletzt hatte selbst der mexikanische Verteidigungsminister Salvador Cienfuegos den Einsatz des Militärs gegen die Verbrechersyndikate kritisiert. Zur Bekämpfung der Drogenkartelle sind bis zu 45.000 Soldaten im Einsatz. "Das ist nicht unsere Berufung, wir wollen nicht die Aufgaben der Polizei übernehmen", sagte der General der Zeitung "El Universal". Allerdings könne die Regierung angesichts der angespannten Sicherheitslage derzeit nicht auf den Einsatz des Militärs im Inneren verzichten.

(APA/dpa)

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