Italien: Zwei brutale Morde schockieren Neapel

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Ein junger Mann wurde von Kugeln durchsiebt und ein Obsthändler von rachsüchtigen Männern niedergeschossen.

Rom. Es gehört schon einiges dazu, wenn ein Mord noch Aufsehen erregen soll in Neapel. Die Hinrichtung des Emanuele Sibilio vor einer Woche war so ein Fall.

Erst 19 Jahre alt, hatte Sibilio es schon zum Boss einer der beiden Jugendbanden gebracht, die sich derzeit wieder einmal im historischen Zentrum der Stadt bekriegen, im Camorra-Viertel Forcella. Die Polizei hatte den wegen Mordes untergetauchten Sibilio nicht gefunden, die Rivalen sehr wohl. Und dann erschossen sie ihn mit dreizehn Kugeln, zu dritt. Der zweite Fall, vom Dienstag dieser Woche, hat mit organisierter Kriminalität offenbar nichts zu tun, umso mehr schockiert der „zivile“ Gewaltausbruch die Stadt. Es geschah auf dem bedeutendsten Großmarkt Neapels in Volla; vor dem Gemüsestand California erschienen drei bewaffnete Männer. Sie erschossen gezielt den 23-jährigen Händler Giovanni Galluccio und verletzten einen Mitarbeiter lebensgefährlich. Erst als sie auch auf Galluccios Bruder zielten, versagte die Pistole.

Vor die Bananen gepinkelt

Der Grund für die Tat? „Rache“, sagen die Carabinieri. Aber wofür? Der Anführer des Mördertrupps – ein ortsbekannter, 47-jähriger Privatmann mit offenbar wenig Geld – hatte am Morgen zuvor gegen Galluccios Geschäft gepinkelt, vor die Bananen, einfach so, zur Haupthandelszeit. Giovanni Galluccio hatte ihn beschimpft und mit einem Eimer Wasser übergossen. „Ich hab's auf der Prostata, ich pisse, wo ich will“, habe der Mann gerufen, dann sei er verschwunden, erzählt der Bruder des Markthändlers in der Lokalzeitung „Il Mattino“.

24 Stunden später kehrte der Pinkler zurück, begleitet von seinem 18-jährigen Sohn und dessen Freund, ausgerüstet mit einer halbautomatischen Waffe. „Sie hatten, um bis zu uns vorzudringen, eine ganz schöne Strecke zurückzulegen, zuerst mit dem Auto, dann zu Fuß“, sagt der Bruder des Ermordeten: „Das Ganze war also kaltblütig geplant.“

Kaltblütig geplant von Laien

Polizeibekannt war in dieser Affäre keiner, weder Opfer noch Täter; normale Leute also, keine Abrechnung unter Kriminellen. Auf Neapels Großmarkt, der 36 Hektar umfasst, von 2000 Händlern und noch mehr täglichen Käufern frequentiert wird, wird jetzt über die Sicherheit diskutiert. „Die 15 staatlichen Wachleute von einst, die haben sie eingespart“, sagt Händlerpräsident Carmine D'Orazio der Lokalzeitung: „Hier kommt jeder rein, der will.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2015)

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