Tschechien: Danaergeschenk an die Katholiken

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Staat und Kirche einigten sich auf die Rückgabe von zwei Gebäuden auf der Prager Burg an die katholische Kirche. Sie hatte sich viel mehr Großzügigkeit erhofft.

PRAG. Nein, so richtig glücklich können die tschechischen Katholiken nicht sein. Zwar sind vergangene Woche die teilweise Jahrzehnte langen Streitigkeiten mit dem Staat über die Rückgabe des unter den Kommunisten „verstaatlichten“ Eigentums auf dem Areal der Prager Burg zu den Akten gelegt worden. Doch die Kirche hatte sich nach der Wende 1989 etwas anderes vorgestellt.

Es nimmt nicht Wunder, dass das Memorandum über die abschließende Einigung zwar im repräsentativen Thronsaal der Prager Burg, aber nur in kleinstem Kreis unterzeichnet wurde. Präsident Miloš Zeman und der Prager Erzbischof Dominik Duka waren quasi allein mit ein paar Protokollbeamten; Journalisten waren nicht erwünscht.

Die beiden Präsidenten, mit denen die Kirche über Jahre über Kreuz lag, Václav Klaus und Miloš Zeman, erwiesen sich als äußerst hartleibige „Partner“ für die Katholiken und deren Ansprüche. Klaus hatte immerhin mit dem früheren Prager Erzbischof Miloslav Vlk einen harten Widerpart, der sich nicht scheute, die Gerichte des Landes anzurufen, damit einstiges kommunistisches Unrecht wiedergutgemacht würde. Vlk kämpfte jedoch einen ungleichen Kampf, sah sich mit Richtern konfrontiert, die teilweise schon zu kommunistischen Zeiten „Recht“ gesprochen hatten.

Zähes Ringen um den Veitsdom

Legendär waren die Auseinandersetzungen um die böhmische Kathedrale, den Veitsdom. Mal wurde er der Kirche zugesprochen, dann wieder dem Staat. Die tschechische Presse, selbst die aus dem konservativen Lager, spielte bei all dem eine seltsame Rolle: Sie nahm eine opportunistische Haltung ein, schlug sich eindeutig auf die Seite des Staates. Im Wissen darum, dass die große Mehrheit der herzlich gottlosen Tschechen der Kirche am liebsten nichts vom früheren Eigentums zurückerstattet hätte.

Seit fünf Jahren nun gibt es eine Vereinbarung über den Veitsdom, der dem Staat zugesprochen wurde, aber gemeinsam von ihm und der Kirche verwaltet wird. Als auf Vlk Duka folgte, nahm die Kirche eine versöhnlichere Rolle ein. Die gipfelte in der Vereinbarung von vergangener Woche. Aber nur zwei von ursprünglich elf beanspruchten Gebäude bekommt die Kirche nun zurück. Gleichzeitig wurden die auf 99 Jahre ausgelegten Mietverträge der Kirche für weitere zwei Gebäude bekräftigt. Alle weitergehenden Forderungen ließ die Kirche fallen. Kardinal Vlk gefällt das ganz und gar nicht. Er nannte die Vereinbarung zwischen Präsidialamt und Kirche „gesetzes- und verfassungswidrig“ und begab sich damit in einen für die neuzeitliche böhmische Kirche beispiellosen Gegensatz zu seinem Amtsnachfolger.

Vlk weiß sehr gut, dass das, was die Kirche vom Staat bekommt, eher ein Danaergeschenk ist. Die Neue Propstei und vor allem das Georgskloster befinden sich in erbarmungswürdigem Zustand. Das Kloster aus dem 10. Jahrhundert ist das älteste in Böhmen, wurde einst von Benediktinern erbaut, längere Zeit als Kaserne missbraucht und sieht nur von außen barock und schön aus.

Als Präsident Zeman das Kloster Anfang des Jahres besichtigte, war er fassungslos. „Wie nach einem Bombenangriff“ sehe es dort aus, sagte er. Er hätte sich nicht vorstellen können, dass es auf dem Burgareal ein Gebäude in solch schlimmem Zustand gebe. Er hätte es wissen können: Wegen der untragbaren Umstände war vorher schon die Nationalgalerie dort ausgezogen. Soll sich doch die Kirche kümmern, war für Zeman des Rätsels einfachste Lösung. Also Rückgabe, entschied er. Fünf Jahre hat die Kirche jetzt Zeit, das Kloster grundlegend zu sanieren und dann für die Öffentlichkeit wieder zu öffnen. Woher die Kirche die umgerechnet Dutzende Millionen Euro für die Renovierung hernehmen soll, weiß sie derzeit noch nicht.

Die Filetstücke aus einstigem kirchlichen Besitz, auf die die Kirche zu Recht Anspruch erhoben hatte, bleiben dagegen in der Hand des Staates. Zeman aber kann sich immerhin sicher sein, dass die Vereinbarung bei der mehrheitlich atheistischen Bevölkerung Tschechiens auf Beifall stoßen wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2015)

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