La Réunion: Wrackteil vermutlich von Flug MH 370

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Auf der französischen Insel wurde eine Flügelklappe entdeckt, die von der vermissten Boeing stammen könnte. Der Fundort liegt 4000 Kilometer vom vermuteten Absturzort entfernt.

Saint-Denis/Kuala Lumpur. Monatelang haben Suchmannschaften den Indischen Ozean auf Hinweise abgesucht, ohne Erfolg. Nun, rund 16 Monate nach dem mysteriösen Verschwinden von Flug MH 370 der Malaysia Airlines gibt es eine erste konkrete Spur. An der Küste der französischen Insel La Réunion im Indischen Ozean fanden Reinigungskräfte gestern ein Wrackteil, das zu dem vermissten Flugzeugtyp, einer Boeing 777, gehören soll. Die Arbeiter, die den Strand säuberten, entdeckten in den Morgenstunden im flachen Wasser ein „merkwürdiges Ding“.

Das Stück, das etwa einen Meter breit und mehr als zwei Meter hoch ist, soll nun zur Untersuchung nach Frankreich gebracht werden. In zwei Tagen hoffen die Experten, dass sie die Flügelklappe eindeutig zuordnen können: Möglich ist dies wegen einer auf dem Metall eingestanzten Nummer. Das Wrackteil macht einen intakten Eindruck, Brand- oder Einschlagsspuren sind nicht darauf zu sehen.

Nach Angaben des US-Luftfahrtexperten Greg Feith wird auf der südlichen Halbkugel keine weitere 777 vermisst, sodass es sich bei dem Trümmerteil um ein Überbleibsel des Unglücksflugs handeln müsste. Es sei sehr wahrscheinlich, dass die Flügelklappe von einer Boeing 777 stamme, sagte der malaysische Ministerpräsident Najib Razak. Seine Regierung entsandte sogleich ein Expertenteam.

Tausende Kilometer entfernt

Mit dem Start des Flugs MH 370 am 8. März 2014 von Kuala Lumpur nach Peking begann eines der größten Rätsel der Luftfahrtgeschichte. Das Flugzeug mit 239 Menschen an Bord verschwand kurz nach dem Start vom Radar. Unklar ist, ob die Piloten freiwillig oder unter Zwang den Kurs geändert haben, weshalb die Sender und Radarkennung der Boeing abgeschaltet wurden und warum trotz komplexer Überwachung des Luftverkehrs der Großraumjet spurlos verschwunden ist.

Experten vermuteten, dass das Flugzeug tausende Kilometer abseits seines eigentlichen Kurses geflogen und irgendwann in den Indischen Ozean gestürzt ist. In einem riesigen Seegebiet im südlichen Indischen Ozean wurde eine teure Suche eingeleitet, an der sich Schiffe, Flugzeuge und Satelliten aus mehreren Ländern beteiligten. Immer wieder wurden im Meer schwimmenden Teile gesichtet, aber nie ein Teil der vermissten Maschine. Das ursprüngliche Suchgebiet liegt im südlichen Indischen Ozean vor Australien, fast 4000 km westlich des französischen Übersee-Departements La Réunion.

Obwohl der Fundort weit vom vermuteten Absturzort entfernt ist, wäre es nach Analysen und Modellrechnungen möglich, dass das Wrackteil durch die Oberflächenströmung einen so weiten Weg zurückgelegt hat.

Angehörige wollen Sicherheit

Nach Angaben des US-Luftfahrtexperten Feith, der früher für die US-Luftfahrtaufsicht Abstürze untersucht hat, gibt es in diesem Bauteil viele Hohlräume, in denen Luft eingeschlossen ist. Das erklärt, warum das Teil auf der Oberfläche des Meeres getrieben ist, während aller Wahrscheinlichkeit nach die Masse der Boeing 777 auf den Meeresgrund gesunken ist. Der Hersteller Boeing wollte sich zunächst nicht zu dem Fund äußern.

Die Angehörigen reagierten aufgewühlt auf die unerwarteten Nachrichten. Sie wünschen sich Gewissheit; ebenso groß sind die Befürchtungen, abermals von Gerüchten enttäuscht zu werden. Die Mehrheit der Passagiere von der MH 370 stammte aus China. Ihre Angehörigen äußerten sich zunächst skeptisch. Viele wollten auf eine offizielle Bestätigung warten. „Es ist so weit weg, wo sie das Teil gefunden haben“, sagte Liu Dongliang verwundert, dessen Bruder an Bord der Maschine war. Ein Mann, dessen malaysischer Sohn an Bord war, verband mit dem Fund die Hoffnung auf Gewissheit: „Ich will einen Abschluss dieses Rätsels.“

Ob die Flügelklappe zum Flug MH 370 gehört, wird bald feststehen. Warum das Flugzeug abgedreht, vom Radar verschwunden und – eine andere Version scheint seit gestern ausgeschlossen – ins Meer gestürzt ist, bleibt wohl weiter ungeklärt. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2015)

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