Slowenien erlässt 100.000 Bürgern Schulden

Einmalige Aktion. Staatliche Institutionen, Gemeinden und zahlreiche private Gläubiger lassen Forderungen gegenüber ärmsten Bürgern fallen – allerdings mit Einschränkungen: Bankkredite etwa sind nicht betroffen.

Ljubljana. Sloweniens Regierung erlässt in einer einmaligen Aktion 100.000 der ärmsten Bürger des Landes ihre Schulden. Seit Montag können Betroffene den Antrag für diesen Schuldenerlass stellen, den das Ministerium für Arbeit, Familie und Soziales durchführt, um für den sozial schwächsten Teil der Bevölkerung die Folgen der Wirtschaftskrise abzumildern.

Vor rund zwei Wochen hatte das Parlament das dazugehörige Gesetz verabschiedet, das die Kriterien für den Schuldenerlass regelt. An der Maßnahme, die auf einer freiwilligen Entscheidung der Gläubiger basiert, beteiligen sich neben der Steuerbehörde und staatlichen Institutionen bisher auch rund 30 Unternehmen, darunter Strom- und Wasserversorger, Banken und Versicherungen. Auch über 35 Gemeinden, darunter die größten Städte Ljubljana, Maribor und Celje, machen mit.

Von der Maßnahme profitieren Sozialhilfeempfänger, deren Schulden vor 2014 entstanden sind und gegen die Vollstreckungsverfahren laufen. Der Schuldenerlass gilt allerdings nicht für jene Bürger, die bereits in Privatinsolvenz sind. Es handelt sich um eine einmalige Maßnahme, eine Wiederholung ist nicht vorgesehen.

Höhe der Erlässe nicht fix

Erlassen werden den Betroffenen somit etwa Strom-, Wasser- und Heizungsschulden, Schulden für Schulgeld und Kindergartenbetreuung und für zusätzliche Krankenversicherungen. Banken haben sich bereiterklärt, finanzielle Verpflichtungen im Zusammenhang mit Kontoführungsgebühren und Serviceleistungen zu erlassen, nicht aber Kreditschulden. Wie hoch der jeweilige Schuldenerlass effektiv sein wird, entscheiden die Gläubiger selbst. Lediglich die Steuerbehörde legte die Obergrenze für einen Erlass der Steuerschulden bei (doch recht niedrigen) 50Euro fest.

Ähnliche Maßnahmen haben zuvor auch Länder in Sloweniens Nachbarschaft beschlossen: Zu Jahresbeginn leitete Kroatien eine Entschuldung von rund 60.000 Menschen ein. Im Juli kündigte Mazedonien an, 13.000 Bürger solcherart zu entlasten. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2015)

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