Pädophilie-Vorwürfe: Wende im Fall Edward Heath

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Der Fall des britischen Politikers sei in den 90er Jahren aus Mangel an Beweisen zu den Akten gelegt worden. Jetzt erhob ein mutmaßliches Opfer schwere Anschuldigungen gegen Heath.

Eine neue Wendung im Fall des ehemaligen britischen Premierministers Edward Heath: Ein früherer Staatsanwalt hat dementiert, dass in den 90er-Jahren Ermittlungen gegen eine Bordellbetreiberin aufgrund von Pädophilie-Vorwürfen gegen den 2005 verstorbenen Politiker eingestellt worden seien.

Der Fall sei vielmehr aus Mangel an Beweisen zu den Akten gelegt worden, schrieb Ex-Staatsanwalt Nigel Seed in einem am Donnerstag veröffentlichten Gastbeitrag für die Zeitung "The Times". "Dies hatte nichts zu tun mit angeblichen Vorwürfen gegen Edward Heath."

Die Beschuldigte habe zwar damals damit gedroht, offenzulegen, dass sie männliche Prostituierte an Heath vermittelt habe, von Minderjährigen sei aber nicht die Rede gewesen. Am Ende sei der Prozess eingestellt worden, weil die Prostituierten keine Aussage vor Gericht machen wollten.

Mögliches Versäumnis der Polizei

Die interne polizeiliche Ermittlungskommission IPCC hatte am Montag die Prüfung von Vorwürfen angekündigt, nach denen die Ermittlungen damals fallen gelassen wurden, um Missbrauchsvorwürfe gegen Heaths zu vertuschen. Es ist das erste Mal, dass in dem von einer Reihe von Pädophilie-Skandalen erschütterten Großbritannien der Name eines so ranghohen Politikers fällt. Der Konservative Heath war in den Jahren 1970 bis 1974 britischer Premierminister.

Bei den internen Ermittlungen geht es allerdings weniger um die Frage, ob Heath ein Verbrechen beging. Vielmehr soll geklärt werden, ob seinerzeit die Polizei der Grafschaft Wiltshire ein schwerwiegendes Versäumnis beging, als sie die Ermittlungen fallen ließ.

Heath lebte in den 90er-Jahren in Salisbury, einer Kleinstadt in Wiltshire. Die Ermittlungen richteten sich damals gegen die Philippinerin Myra Ling Ling Forde, die in Heaths Nachbarschaft ein Bordell betrieb. Die 67-Jährige bestreitet, dass sie jemals angedroht habe, den Ex-Premier zu belasten. Forde habe keinerlei Verbindung zu Heath gehabt, stellte ihr früherer Anwalt im "Salisbury Journal" klar. Der Politiker sei kein Kunde von ihr gewesen und sie habe von einem möglichen Fehlverhalten Heaths keine Kenntnis gehabt. In einem späteren Prozess wurde Forde 1995 wegen Zuhälterei zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Opfer erhebt schwere Anschuldigungen

In einem Artikel des "Daily Mirror" erhob am Dienstag ein mutmaßliches Opfer Anschuldigungen gegen Heath. Er sei 1961 als Zwölfjähriger von dem Politiker misshandelt worden, erklärte der Mann. Scotland Yard erklärte jedoch, keine Ermittlungen in diesem Fall aufzunehmen.

In Großbritannien laufen derzeit in mehreren Fällen Ermittlungen wegen Kindesmissbrauchs gegen 261 einflussreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, darunter 76 Politiker. Die Vorwürfe richten sich gegen Kinderheime und Schulen, aber auch andere öffentliche Institutionen wie die BBC und die nationale Gesundheitsbehörde.

(APA/AFP)

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