Tianjin: Polizei knöpft sich Firmenchefs vor

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In China kam es zu Festnahmen nach der Chemieexplosion in der Hafenstadt Tianjin. Auch Beamte wurden verhaftet.

Peking. Vetternwirtschaft, Kungelei, Korruption – genau damit wollte Xi Jinping aufräumen, als er vor zweieinhalb Jahren das Amt als Chinas Staatsoberhaupt übernahm. Über 650 Beamte und Parteisekretäre wurden seither wegen Korruption überführt. Die schwere Explosionskatastrophe von Tianjin zeigt jedoch: Viel gebracht hat diese Kampagne nicht.

Zwei Wochen, nachdem in der ostchinesischen Hafenmetropole Tianjin eine Lagerhalle mit gefährlichen Chemikalien in die Luft geflogen ist (139 Tote), hat die Polizei 23 Verdächtige festgenommen.

Dabei handelt es sich um Führungskräfte von Ruihai Logistik, der Betreiberfirma des Gefahrengutlagers, sowie leitende Mitarbeiter der Beratungsfirma Zhongbin Haisheng. In Polizeigewahrsam befinden sich zudem Beamte des Transportministeriums, der Stadtregierung, der Aufsichtsorgane und der Hafenbetreibergesellschaft.

Im Zentrum der Ermittlungen stehen die beiden Chefs des Logistikunternehmens, Yu Xuewei und Dong Shexuan. Ihnen wird Vetternwirtschaft vorgeworfen. Dong ist der Sohn des inzwischen verstorbenen früheren Polizeichefs des Hafens von Tianjin, Yu wiederum ist ein Exmanager des staatlichen Chemiekonzerns Sinochem. 2012 hatten sie zusammen über Strohmänner die Firma gegründet. Schon die Zulassung erhielten sie nur aufgrund ihrer guten Beziehungen zur örtlichen Stadtverwaltung. Ermittlungen ergaben, dass die Firma in der Halle mehr als 3000 Tonnen gefährliche Chemikalien lagerte – mehr als das Hundertfache der erlaubten Menge.

Die Firma Zhongbin Haisheng wiederum steht im Visier der Ermittler, weil die Sicherheitsgutachten dieser Beratungsfirma es erst möglich gemacht haben sollen, dass die Lagerhalle mit dem gefährlichen Gut nur 560 Meter von einer Wohnsiedlung entfernt errichtet werden durfte. Den elf Beamten, die in Polizeigewahrsam sind, wird Machtmissbrauch und die Verletzung der Dienstpflicht vorgeworfen, bei einigen besteht der Verdacht der Bestechung. (lee)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2015)

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