Überlebende kritisieren fehlendes Krisenmanagement. Saudiarabien hingegen macht Pilger für den Unfall verantwortlich. Ermittlungen laufen.
Nach der tödlichen Massenpanik bei der muslimischen Pilgerfahrt Hadsch in Saudi-Arabien haben Überlebende Vorwürfe gegen die Behörden erhoben. "Es gab nicht genügend Raum, um sich zu bewegen", schilderte der nigerianische Pilger Aminu Abubakar am Freitag. Er selbst überlebte, weil er an der Spitze der Prozession in Mina nahe Mekka gelaufen war.
Der Libyer Ahmed Abu Bakr berichtete, die Polizei habe vor der Massenpanik, bei der Donnerstagfrüh mindestens 717 Pilger getötet wurden, alle Zuwege zum Zeltlager der Pilger bis auf einen geschlossen. Zudem hätten die zur Absicherung der Pilgerfahrt eingesetzten Polizisten einen überforderten Eindruck gemacht: "Sie kannten sich in der Gegend überhaupt nicht aus."
Irfan al-Alawi von der Stiftung zur Erforschung des islamischen Erbes in Mekka kritisierte, die Polizisten seien nicht ausreichend vorbereitet und hätten keinerlei Sprachkenntnisse, um mit denen aus aller Welt kommenden hunderttausenden Pilgern zu kommunizieren. "Sie haben keine Ahnung, wie sie mit den Leuten umgehen sollen", sagte al-Alawi. "Die Menschenmenge wird nicht gesteuert."
Saudi Arabien macht Pilger verantwortlich
Der saudische Gesundheitsminister Khaled al-Falih hingegen machte die Pilger für die Massenpanik verantwortlich. Einige von ihnen hätten sich nicht an die vorgegebene Gruppenaufteilung gehalten und Anweisungen missachtet. Der Iran hingegen gab den Behörden eine Mitschuld. "Die Saudis haben ohne Grund einen Teil der Route der Pilger blockiert, was zu dem Andrang und letztendlich auch der Tragödie führte", sagte der Leiter des Auswärtigen Ausschusses im Teheraner Parlament, Alaeddin Boroujerdi. Der schiitische Iran und das sunnitische Saudi-Arabien sind Erzrivalen.
Die Behörden waren am Freitag noch immer dabei, die Toten zu zählen. Nach iranischen Angaben waren allein 131 Iraner unter den Opfern, weitere Opfer kamen aus Indien, Indonesien, der Türkei und Pakistan. Der Hadsch ist das weltweit größte muslimische Pilgerereignis. Gemäß dem Koran muss jeder Muslim, der gesund ist und es sich leisten kann, einmal im Leben zur heiligsten Stätte des Islam in Mekka pilgern.
Keine Österreicher unter den Opfern
Bisher hat es keinen Hinweis auf österreichische Opfer gegeben. Wie Außenamtssprecher Martin Weiss am Freitag gegenüber der APA betonte, nehmen alljährlich etwa 1.500 österreichische Pilger teil, insgesamt seien es 1,5 Millionen Pilger. Die österreichischen Behörden seien allerdings mit dem Honorarkonsulat in Jeddah in Kontakt, denn betroffene Österreicher könne man "nicht ganz ausschließen".
Zu dem Massengedränge war es während der symbolischen Teufelssteinigung in Mina gekommen, bei der Pilger Kieselsteine auf drei Säulen werfen, die den Teufel symbolisieren. Ein Sprecher des saudi-arabischen Innenministeriums erklärte, zu dem Unglück sei es gekommen, als zahlreiche Pilger an einer Straßenkreuzung unterwegs waren. Zur großen Zahl an Todesopfern habe zudem die große Hitze mit rund 46 Grad Celsius am Donnerstag beigetragen.
Papst Franziskus gedachte der Opfer in einem Gebet. "Ich möchte mein Mitgefühl für meine muslimischen Brüder und Schwestern ausdrücken", sagte er nach seiner Ankunft in der New Yorker St. Patricks Cathedral. "In solchen Momenten suche ich Halt im Gebet. Ich verbinde mich mit Euch allen. Ein Gebet zum allmächtigen Gott, dem gnadenvollen." Auch zahlreiche Staatschefs sprachen ihr Beileid aus.
(APA/AFP)