Kasha Nabageseras Kampf für die Liebe in Uganda

Kasha Nabagesera bei der Uganda Pride Parade im vergangenen Jahr. Sie wurde mit dem
Kasha Nabagesera bei der Uganda Pride Parade im vergangenen Jahr. Sie wurde mit dem "Alternativen Nobelpreis" ausgezeichnet.(c) APA/EPA/RIGHT LIVELIHOOD AWARD /
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"Hängt sie", stand unter dem Bild von Kasha Nabagesera in einer Zeitung in Uganda. Sie kämpft für die Rechte Homosexueller und wurde mit dem "Alternativen Nobel-Preis" ausgezeichnet.

Es ist das erste Mal überhaupt, dass die Stockholmer Stiftung einen "Alternativen Nobelpreis", den "Right Livelihood Award", an eine Kämpferin für die Rechte von Homosexuellen vergibt. "Wir waren unglaublich beeindruckt, als wir von ihrer Arbeit erfahren haben", sagt Stiftungsdirektor Jakob von Uexküll über Kasha Jacqueline Nabagesera.

Im Herbst 2010 druckt die Boulevardzeitung "Rolling Stone" in Uganda Fotos von 100 angeblich Homosexuellen ab. "Hängt sie", fordert das Blatt auf dem Titel. Unter den Bildern ist eines von Nabagesera, damals um die 30 Jahre alt. Weil sie kein Geheimnis daraus macht, dass sie Frauen liebt, schlagen ihr in ihrer Heimat Hass, Vorurteile und Drohungen entgegen.

Nabagesera lässt sich nicht einschüchtern. Weder von den Drohungen noch dem Tod anderer führenden Aktivisten. Wie David Kato, der 2011 in seinem Haus in Kampala ermordet wurde. Auch er war im "Rolling Stone" abgebildet gewesen. Kaum irgendwo auf der Welt ist es so gefährlich, offen homosexuell zu sein. Nabagesera kämpft trotzdem für ihr Recht. Feiert Pride Parades, bringt ein Magazin für Homosexuelle heraus und einen Radiosender an den Start. Und schafft es sogar, ein schwulenfeindliches Gesetz zu kippen.

Gibt eigenes Magazin heraus

Gegen die Zeitung ging Nabagesera stattdessen vor Gericht - und gewann. Anfang 2015 bringt sie selbst eine Zeitschrift heraus: Das Hochglanzmagazin "Bombastic", das vom Leben homo-, bi-, trans- und intersexueller Menschen in Uganda erzählt. Zwei Millionen Mal ist "Bombastic" inzwischen aus dem Internet heruntergeladen worden. Aber Nabagesera verteilt sie nicht nur unter Gleichgesinnten. "Sie schickt sie auch an die Regierung und den Premierminister", sagt von Uexküll.

"Letztes Jahr, als die Hetze gegen Schwule und Lesben besonders schlimm war, hat sie eine große öffentliche Geburtstagsfeier für 200 Leute gegeben", erzählt er. Auch den Preis will sie mit ihren Mitstreitern feiern. Den Entschluss, sich für ihr Recht auf Liebe einzusetzen, fiel schon viele Jahre, bevor ihr Foto in der "Rolling Stone" erschien. Weil sie lesbisch ist, wäre Nabagesara mit Anfang 20 fast von der Universität geflogen. Heute ist sie Mitte 30.

Gesetz verhindert, Situation unverändert

"In vielerlei Hinsicht haben sich die Dinge in dieser Zeit in Uganda verschlimmert", sagt die Preisträgerin. "Andererseits sind wir jetzt sichtbarer. Jeder weiß, was "kuchu" ist." "Kuchu" bedeutet in der Lokalsprache soviel wie "Schwuler oder "Tunte". "Gerade weil die Situation noch schlimmer geworden ist", würden Nabageseras Mut, Kreativität und Optimismus in Uganda gebraucht, meint von Uexküll.

In dem ostafrikanischen Land sind gleichgeschlechtliche Beziehungen illegal. Ein Gesetz sollte Homosexualität mit Strafen bis hin zu lebenslanger Haft belegen. Nachdem es 2014 Realität wurde, zog Nabagesara dagegen vor das Verfassungsgericht - und gewann wieder.

"Es gehört großer Mut dazu, sich in Uganda für die Rechte von Schwulen, Lesben, Trans- und Intersexuellen einzusetzen", kommentiert der Grünen-Politiker Volker Beck den Preis für die Aktivistin. Es ist eine kluge Wahl der Stockholmer Stiftung. Sie erinnert daran, dass neben den Flüchtlingsdramen, die jeden Tag die Schlagzeilen beherrschen, auch ansonsten vieles auf der Welt im Argen ist.

Gino Strada für Einsatz für Flüchtlinge geehrt

"Wenn man sich die Lage insgesamt auf der Welt ansieht, hat man das Gefühl, dass sich Krisen - also Krieg und Gewalt, aber auch andere Themen - immer weiter verschärfen", sagt von Uexküll. Vor allem die Schicksale Hunderttausender verzweifelter Menschen auf der Flucht haben Europa in den vergangenen Monaten bewegt. Für seinen Einsatz für Millionen Flüchtlinge ehrt die Stiftung den italienischen Arzt Gino Strada. Seine Organisation Emergency kümmert sich auch um unzählige andere, die zu arm oder zu krank sind, um zu fliehen.

Außerdem geht der "Alternative Nobelpreis" an zwei Preisträger, die sich für Klimaschutz, Menschenrechte und Atom-Abrüstung einsetzen - die Inuit-Aktivistin Sheila Watt-Cloutier und den Außenminister der Marshallinseln, Tony de Brum, der die Atommächte zwingen will, sich an die Abrüstungszusage aus dem Atomwaffensperrvertrag zu halten.

Die Preisträger tragen Kämpfe aus, die andere schon längst mutlos aufgegeben hätten. "Alle zeigen, dass es immer doch Wege gibt, wie man etwas bewegen kann", sagt von Uexküll. Auch wenn ihnen dabei Elend, Hass, Vorurteile und sogar Morddrohungen entgegenschlagen.

Wie im Fall von Kasha Nabagesera. 2013 bekam sie für ihr Engagement den Nürnberger Menschenrechts-Preis. Und fünf Jahre nach der Hetzkampagne des "Rolling Stone" zierte ihr Foto im Juni den Titel einer ganz anderen Zeitschrift: des europäischen "Time"-Magazins.

Die weiteren Gewinner des "Alternativen Nobelpreises"

TONY DE BRUM hat sein Leben der Unabhängigkeit, Sicherheit und Zukunftsfähigkeit der Marshallinseln gewidmet. Er hat der Vision seiner Landsleute von einer atomwaffenfreien Welt international zu Geltung verholfen. Nachdem er als Jugendlicher die amerikanischen Atomtests auf den Marshallinseln selbst erlebt hatte, hat de Brum 2014 als Außenminister den noch nie da gewesenen Schritt unternommen, Klagen gegen alle neun Atomwaffenstaaten vor dem Internationalen Gerichtshof (IStGH/ICC) einzureichen, da sie ihren Abrüstungspflichten im Rahmen des Atomwaffensperrvertrages nicht nachkommen.

SHEILA WATT-CLOUTIER ist eine erfolgreiche Vorkämpferin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der arktischen Inuit. Als gewählte Vertreterin ihres Volkes sorgte sie dafür, das Bildungssystem der Provinz Nunavik in Nord-Quebec besser an das Leben und die Bedürfnisse der Inuit anzupassen. Sie war eine einflussreiche Kraft hinter der Verabschiedung der Stockholm-Konvention für das Verbot langlebiger organischer Schadstoffe, die sich in der arktischen Nahrungskette besonders stark anreichern.

GINO STRADA ist ein italienischer Chirurg, der mit der Organisation EMERGENCY seit zwei Jahrzehnten für hochwertige medizinische und chirurgische Versorgung für die Opfer von Kriegen und Verfolgung arbeitet. Von Afghanistan bis zum Sudan betreibt EMERGENCY über 60 Krankenhäuser, Kliniken und Erste-Hilfe-Stationen, oftmals in Zusammenarbeit mit den Regierungen vor Ort.

(APA/dpa)

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