Fragen zum Airbus-Crash: Blitz, Terror, Turbulenzen?

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So lange die Black Box nicht gefunden wird, basieren die Ursachen des Airbus-Crashs auf Spekulationen. Hier ein Überblick über die Hypothesen, von denen auch mehrere gemeinsam zu dem Unglück geführt haben könnten.

Womöglich wird das Verschwinden des Air-France-Flugs AF447 über dem Atlantik für immer ein Rätsel bleiben. Über die Ursachen können wohl nur die Flugschreiber Aufschluss geben, die auf dem Meeresgrund liegen und möglicherweise unerreichbar bleiben. So sind Air France und die betroffenen Regierungen auf Spekulationen auf Basis einer mageren Faktenlage angewiesen. Hier ein Überblick über Hypothesen, von denen auch mehrere zusammen in einer Verkettung unglücklicher Umstände zu dem Unglück geführt haben könnten.

Wie hoch sind die Chancen, dass die Black Box gefunden wird?

Das wird nicht so leicht sein und ist außerdem ein Wettlauf mit der Zeit: Der kleine Kasten, so groß wie ein Schuhkarton und in auffälligem Orange gefärbt, ist zwar bis zu 5000 Meter wasserdicht und hat einen Sonarsender, der bei Kontakt mit Salzwasser aktiviert wird. Die Blackbox, die jene wichtigen Daten und Stimmenaufzeichnungen aus dem Cockpit enthält, auf deren Basis sich Unfallursachen rekonstruieren lassen, sendet aber nur 30 Tage lang Signale.

Was ist die wahrscheinlichste Ursache für den Absturz?

Air France hält es für wahrscheinlich, dass ein Blitz in die Maschine eingeschlagen ist. Doch normalerweise ist das kein Problem. Jedes Flugzeug wird im Schnitt alle 1.000 bis 1.500 Flugstunden einmal vom Blitz getroffen. Ein Absturz deswegen sei "extrem unwahrscheinlich", sagte der Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, Jörg Handwerg.

Wie oft kommt es zu Flugzeugabstürzen in Folge eines Blitzschlags?

Sehr selten. Wie beim Auto wird die elektrische Ladung nach dem Prinzip des Faradayschen Käfigs beim Einschlag über die metallische Außenhaut abgeleitet. Laut der Website Aviation Safety Network wurde 1963 eine Boeing 707 von Pam Am durch einen Blitz zerstört. Er hatte demnach Kerosingase an einem Triebwerk entzündet, was zu einer Explosion der Tanks führte.

Warum haben die Piloten keinen Notruf gesendet?

Bodenstationen sind über dem Atlantik für das Flugzeug-Radar zu weit weg. In den „Funklöchern“ kommunizieren Jets über Kurzwelle. „Das Mayday hätte niemand empfangen, und die Piloten haben zuerst fieberhaft versucht, das Flugzeug in der Luft zu halten", sagt AUA-Pilot Rudolf Nowak. Air France zufolge sendete die Maschine vor ihrem Verschwinden zwar keinen Notruf, aber ein Dutzend automatische Botschaften, wonach "mehrere Apparate" ausgefallen waren.

Kann ein Geräteausfall den Absturz verursacht haben?

Binnen weniger Minuten ist der Autopilot ausgefallen (02:10 Uhr), dann das Orientierungssystem (02:11 Uhr), danach fiel der Kabinendruck, und letztlich versagte das Notsystem. Die Besatzung könnte dann blind weitergeflogen sein und sich auf die Gewitter zubewegt haben, ohne es zu merken. Laut dem Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, Jörg Handwerg ist ein Totalausfall von Systemen aber unwahrscheinlich, weil diese in modernen Flugzeugen mehrfach vorhanden seien.

Wie gefährlich sind Flüge durch die Region?

Die Region zwischen Südamerika und Afrika ist bei Piloten für ihre heftigen Gewitter und Stürme berüchtigt. Dort verläuft der sogenannte meteorologische Äquator, in dem Luftmassen aus der nördlichen und südlichen Halbkugel aufeinandertreffen. "Piloten können dort mit schneidenden Winden und Wolken konfrontiert werden, die bis zu 15 Kilometer hoch sind", sagte Luftfahrt-Experte François Grangier. Sie könnten deshalb nicht überflogen werden. "Es ist nicht selten, dass man Umwege von 100 oder 150 Kilometern macht, um sie zu umfliegen." Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Air-France-Besatzung dies unterlassen haben könnte. Sie galt als erfahren. Der 58 Jahre alte Bordkommandant hatte 11.000 Flugstunden hinter sich; seine Ko-Piloten 6.600 beziehungsweise 3.000.

Ist das Flugzeug schon vorher aufgefallen?

Ja. Am 17. August 2006 kam es auf der Pariser Flughafen Charles de Gaulle zu einer Kollision mit einem anderen Air-France-Airbus. Der nun abgestürzte Jet wurde dabei nur geringfügig beschädigt. Es ist kaum davon auszugehen, dass nun nach drei Jahren noch Folgeschäden aufgetreten sind, die zur Katastrophe geführt haben.

Ist der Airbus 330 ein sicheres Flugzeug?

Die australische Fluggesellschaft Qantas hatte im vergangenen Jahr Probleme mit zwei Airbus-A330-Maschinen - wobei nicht klar ist, inwieweit diese auf den jetzigen Fall übertragbar sind. Der Airbus 330 ist ein "Fly by Wire"-Flugzeug. Das heißt, dass die Steuerungssignale aus dem Cockpit nicht per Hydraulik oder Seile an die Klappen und Ruder geleitet werden, sondern auf elektronischem Weg. Das Online-Lexikon Wikipedia führt als Nachteil des System auf, dass "Fly by Wire" anfällig gegen elektromagnetische Störeinflüsse ist.

Kann ein Terroranschlag ausgeschlossen werden?

Die französische Regierung will bis zur Klärung der Unglücksursache auch einen Terroranschlag nicht ausschließen. Eine Explosion mitten im Flug könnte eine Erklärung dafür sein, warum kein Notruf abgesetzt wurde. Die Zeitung "Le Figaro" verweist darauf, dass die Sicherheitsvorkehrungen in Rio de Janeiro "nicht so drakonisch" seien wie in Europa.
"Entschlossene Terroristen hätten deshalb dieses schwache Glied wählen können, um eine französische Maschine zu treffen." Niemand hat sich allerdings zu einem Anschlag bekannt. Französische Ermittler untersuchen dennoch die Passagierliste auf verdächtige Hinweise.

(APA, Red.)

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