Antwort auf Sanktionen: Nordkorea warnt vor Atomkrieg

(c) AP (Greg Baker)
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Kims Regime tobt nach neuer Resolution der UNO. Staatliche Medien beschworen die Gefahr eines Atomkriegs herauf. Auch China und Russland stimmten einer Verschärfung der Sanktionen zu.

PEKING. Nordkoreas Machthaber haben die verschärften UNO-Sanktionen als „widerwärtig“ bezeichnet. Das Land werde seine Atomwaffen niemals verschrotten, sondern im Gegenteil noch weitere Bomben bauen – nicht nur aus Plutonium, sondern auch aus angereichertem Uran. Das verkündete das Regime von Kim Jong-il in einer Erklärung der amtlichen Nachrichtenagentur KCNA.

Staatliche Medien beschworen die Gefahr eines Atomkriegs herauf. Die Vereinigten Staaten hätten 1000 Atomwaffen in Südkorea stationiert, schrieben sie. Das wies ein Sprecher der US-Streitkräfte in Südkorea umgehend zurück. Die US-Armee habe alle taktischen Atomwaffen 1991 abgezogen.

Mit der rhetorischen Eskalation reagierten Kim und seine Militärs auf die jüngsten Versuche der Weltgemeinschaft, das Regime zur Räson zu bringen, nachdem es im Mai einen zweiten Atomsprengsatz unterirdisch getestet und mehrere Raketen abgefeuert hatte. Am Freitag hat der UN-Sicherheitsrat in New York einstimmig beschlossen, die Sanktionen gegen Pjöngjang zu verschärfen: Die Resolution 1874 erlaubt es, nordkoreanische Frachter, Flugzeuge, Lastwagen und Eisenbahncontainer zu inspizieren, sobald der Verdacht besteht, dass darin Waffen und andere verbotene Güter transportiert werden. Damit will die UNO verhindern, dass Pjöngjang Raketen etwa in den Nahen Osten verkauft. Außerdem sollen nach dem Willen der UNO Geldüberweisungen aus und nach Nordkorea erschwert und die Vergabe von Krediten an das marode Land gestoppt werden.

Entnervte Chinesen

Drei Wochen lang hatten die 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrates um eine gemeinsame Haltung gerungen. Schließlich stimmten auch China und Russland zu.

Sollte irgendjemand versuchen, nordkoreanische Schiffe in internationalen Gewässern gegen deren Willen zu entern, „würden wir dies als Kriegshandlung betrachten und darauf mit Entschlossenheit militärisch reagieren“, hieß es in Pjöngjang. Solche Drohungen sind nach Ansicht chinesischer Experten ernst zu nehmen: „Unter keinen Umständen darf Gewalt angedroht oder angewendet werden“, erklärte Chinas UN-Botschafter Zhang Yesui.

Wie wirksam die neuen Strafen sind, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen. Der Teufel liegt im Detail. Frühere UN-Sanktionen gegen Nordkorea standen in der Regel nur auf dem Papier und waren voller Schlupflöcher. Als die USA vor einigen Jahren nordkoreanische Bankkonten im südchinesischen Macao sperren ließen, reagierte das Regime in Pjöngjang scharf – und machte sich daran, sein Atomprogramm nicht etwa zu stoppen, sondern eilig weiter auszubauen.

Die chinesische Regierung hat Nordkorea in den vergangenen Wochen immer wieder aufgefordert, an den Verhandlungstisch der Sechsergespräche zurückzukehren, um einen Weg zur nuklearen Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel zu finden. Inzwischen zeigt sich aber auch der engste Verbündete Nordkoreas entnervt. „Es ist Zeit für China, die Wahl zwischen einem nuklearen und rechtlosen Nordkorea und einem atomwaffenfreien, aber unfreundlichen Nachbarn zu treffen“, erklärte Zhang Liangui von der zentralen Parteischule in Peking gegenüber der englischsprachigen „Global Times“. China werde eine „weise Wahl“ treffen.

AUF EINEN BLICK

Nordkorea führte am 25. 5. einen Atomtest durch, seinen zweiten seit 2006. Der UN-Sicherheitsrat beschloss daraufhin am vergangenen Freitag neue Sanktionen gegen Pjöngjang. Das Waffenembargo wurde verschärft, die Finanztransaktionen eingeschränkt. Künftig ist es auch erlaubt, verdächtige nordkoreanische Schiffe zu untersuchen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2009)

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