Massentierhaltung: China plant Klon-Massenproduktion

Geklontes Kalb in China.
Geklontes Kalb in China.(c) APA/EPA/BEIJING UNIVERSITY OF CU (BEIJING UNIVERSITY OF CULTURE /)
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In einer riesigen Fabrik will man Rinder en masse kopieren, um den Fleisch- und Milchbedarf zu decken. Auch Pferde und Spürhunde könnten geklont werden.

Peking. Erlaubt ist, was nützt – zumindest in der biotechnischen Forschung folgt China seit einiger Zeit dieser Devise. Landesweit arbeiten zehntausende Wissenschaftler und Laboranten seit Jahren an Klonexperimenten, also der Herstellung genetisch identer Lebewesen quasi durch Kopieren. Nun aber soll eine ungeahnte Massenproduktion beginnen: Ein Zusammenschluss mehrerer chinesischer Biotechfirmen und Institute baut in der Hafenmetropole Tianjin an einer gigantischen Fabrik zum Klonen von Haus- und Nutztieren. Sie soll im ersten Jahr rund 100.000 Rinder klonen, später sollen es mehr als eine Million pro Jahr sein.

Schon Mitte 2016 soll die rund 30 Millionen Euro teure Anlage fertig sein, zitiert Chinas amtliche Nachrichtenagentur Xinhua den Chef des beteiligten chinesischen Unternehmens Boyalife, Xu Xiaochun. „Wir wollen die größte Klonfabrik der Welt werden.“

Aus mit der Unverträglichkeit

China hat einen erheblichen Bedarf an Kühen. Noch vor 20 Jahren gehörten Milchprodukte nicht zum täglichen Speiseplan eines durchschnittlichen Chinesen. Das ist genetisch bedingt, viele Asiaten, vor allem in China und Südostasien, vertragen den Milchzucker Laktose schlecht. Doch allein in den vergangenen fünf Jahren hat sich der Milchverbrauch auf derzeit rund 30 Liter pro Kopf mehr als verdoppelt und wird in den nächsten zehn Jahren Schätzungen zufolge auf mehr als 60 Liter steigen. Grund: Viele Chinesen kamen trotz allem auf den Geschmack ausländischer Milcherzeugnisse, zudem enthalten gesäuerte Milchprodukte wie Joghurt und viele Käsesorten sehr wenig Laktose und es gibt Verfahren, Laktose zu spalten, bevor die Milch verarbeitet wird.

Der heimische Milchkuhbestand reicht also schon jetzt nicht für den Bedarf aus. Jedes Jahr werden hunderttausende Kühe aus Australien, Neuseeland, den USA und Europa importiert, die aber oft nicht gut an die klimatischen Verhältnisse angepasst sind. Der Milchertrag fällt daher oft zu gering aus. Die Volksrepublik ist also weiter zusätzlich vom Milchimport abhängig. Auch der Verzehr von Rindfleisch steigt rasant.

Die Klonfabrik in Tianjin soll Chinas Rindermangel schnell erheblich mindern. Doch nicht nur Rinder stehen auf der Laborliste. Boyalife will auch Spürhunde für Rettungskräfte, Katzen und Rennpferde klonen. „Wir schaffen ihnen das perfekte Haustier“, heißt es auf der Firmenwebsite. Geklonte Spürhunde man jetzt schon bestellen.

Beteiligt an der Klonfabrik ist auch das südkoreanische Unternehmen Sooam Biotech. Es hat 2004 weltweit für Furore gesorgt, weil Firmengründer Hwang Woo -suk behauptet hat, mithilfe eines Zellkerntransfers menschliche Embryonen klonen zu können. Die Behauptung erwies sich als Betrug. Einige Jahre später gelang es der Firma jedoch erstmals, einen Hund zu klonen.

Die Kälber der Klonkuh

Inzwischen gibt es weltweit eine regelrechte Herde an Klontieren. Züchter vermehren so ihre leistungsfähigsten Milchkühe oder Rinder mit dem besten Filet. Auch China klont eifrig mit: Im September ist es Wissenschaftlern der Pekinger Landwirtschaftsuniversität erstmals gelungen, eine geklonte Kuh zu befruchten, die dann auch erfolgreich warf.

Eine öffentliche Debatte über geklonte Tiere gibt es in China nicht. In sozialen Netzwerken finden sich aber Stimmen, die die Klonfabrik aufs Korn nehmen. „Ist ja schön, dass die Staatsführung sich ums Wohlergehen des Volkes sorgt“, schreibt ein Nutzer, fordert sie aber auf, „doch als Erste zuzugreifen, wenn das Klonfleisch serviert wird“. Ein anderer schreibt: „Erst schadet Tianjin seiner Bevölkerung, nun ganz China.“ In unmittelbarer Nähe der im Bau befindlichen Klonfabrik war nämlich im August ein Gefahrengutlager explodiert. 165 Menschen starben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2015)

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