Klimagipfel: Rettung des Planeten begann mit Pathos

U S President Barack Obama R is greeted by from L to R French Environment Minister Segolene Roy
U S President Barack Obama R is greeted by from L to R French Environment Minister Segolene Roy(c) imago/UPI Photo (imago stock&people)
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In Le Bourget begann der Weltklimagipfel. Vertreter von 195 Ländern haben elf Tage, um die Erwärmung der Erdatmosphäre auf zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Paris. Sie sind alle gekommen. US-Präsident Barack Obama, Chinas Staatspräsident Xi Jinping und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin, insgesamt rund 150 Staats- und Regierungschefs aus 195 Ländern. Im Rahmen dieser UNO-Konferenz müssen sie eine Lösung finden für den Klimawandel. Sie haben nur elf Tage, um einen Konsens zu erzielen und eine für alle verbindliche Schlusserklärung zu verabschieden. Selten oder vielleicht sogar noch nie in der Geschichte stand – zumindest rhetorisch – so viel auf dem Spiel bei einem Gipfel. In seiner Eröffnungsrede sagte der französische Gastgeber François Hollande. „Es geht um die Zukunft des Planeten, die Zukunft des Lebens.“

Auch US-Präsident Barack Obama geizte nicht mit Pathos. „Wir sind die letzte Generation, die noch eine Änderung herbeiführen kann“, sagte er und verurteilte den „Zynismus“ der Klimawandelskeptiker. Wie alle hatte er exakt drei Minuten Redezeit. „Zwischen der Umweltpolitik und einem starken Wirtschaftswachstum besteht kein Widerspruch, ganz im Gegenteil.“

Wladimir Putin bestand in seiner Rede darauf, dass bei der COP21 eine „rechtlich verbindliche Vereinbarung“ getroffen wird. Genau das ist das innenpolitische Problem Obamas, der befürchten muss, dass seine republikanischen Gegner im Kongress alle Beschlüsse blockieren.

Xi Jinping versicherte, sein Land, das neben Amerika zu den größten Treibhausgasproduzenten gehört, werde den Kampf gegen Armut nicht aufgeben und trotzdem eine führende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielen. Das wird auch aus innenpolitischen Gründen nötig sein – angesichts der Luftverschmutzung in Peking und anderen Großstädten. Zugleich aber ist China bereits im Bereich der erneuerbaren Energie führend. Das ist nicht der Fall in Indien, wo zwar auch in riesige Solaranlagen investiert wird, gleichzeitig aber die Kohle – der Hauptfaktor der CO2-Emissionen – weiterhin gefördert wird. Der indische Premier Narendra Modi kommt darum vor allem nach Paris, um eine „Klima-Gerechtigkeit“ in Form eines finanziellen Ausgleichs zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zu fordern. An dieser Frage der Finanzen könnte womöglich die Konferenz – wie schon frühere – zuletzt noch scheitern, obschon inzwischen laut dem optimistischen Konferenzleiter, Außenminister Laurent Fabius, zum Beginn des Treffens bereits 183 Staaten ihre nationalen Pläne zur Verminderung der Treibhausgasemissionen vorgelegt haben, und zum Teil auch ihren Beitrag zu den jährlich 100 Milliarden Dollar, die ab 2020 aus dem Klima-Fonds an Ausgleichszahlungen und als Schadenersatz in die Länder der südlichen Hemisphäre fließen sollen.

Als einer der Letzten auf der Rednerliste sollte ein Kronprinz aus Saudiarabien das Wort ergreifen. Auch das Königreich hat erstmals einen Klimaplan vorgelegt, in dem eine Verringerung der Abhängigkeit von Erdöl erwogen wird. Doch niemand in Le Bourget glaubt, dass ausgerechnet die größten Produzenten fossiler Energien mit gutem Beispiel vorangehen. Höchstens von Kanada, das früher noch wegen der Kohle und der Teersandölvorkommen gebremst und das Kioto-Protokoll gekündigt hatte, wird unter dem neuen Premierminister Justin Trudeau eine energiepolitische Wende erwartet.

Bundeskanzler Werner Faymann wies darauf hin, dass Österreich in der Elektrizitätserzeugung bereits einen Anteil von 80 Prozent erneuerbarer Energiequellen nütze und bis 2030 keine fossilen Brennstoffe mehr zur Stromproduktion verwenden wolle. Er wandte sich gegen die Vorstellung, dass Atomenergie ein Mittel zum Kampf gegen den Klimawandel darstellen könne.

Noch 50 offene Streitpunkte

Nach dem fulminanten Start mit den Reden voller Versprechen werden nun die rund 10.000 Delegierten und ihre Experten unter den wachsamen Augen von fast ebenso vielen Umweltaktivisten und Journalisten in kleineren Gruppen verhandeln. Im Dokument, das für die Konferenz als Grundlage ausgearbeitet worden ist, gibt es insgesamt rund 50 Punkte, die noch umstritten sind.

Etwas Positives hat die Klimakonferenz bereits am ersten Tag bewirkt: Da ganze Straßenzüge im Zentrum, Abschnitte der Pariser Ringautobahn und der Zufahrten zu den Flugplätzen Roissy und Orly für den privaten Verkehr gesperrt wurden, hatten die Behörden den Pendlern geraten, das Auto zu Hause zu lassen. Statt dem befürchteten Chaos war der Stau zehn Mal kleiner als sonst, entsprechend geringer war die Luftverschmutzung.

AUF EINEN BLICK

Zum Auftakt des Weltklimagipfels kamen in Le Bourget bei Paris 150 Staats- und Regierungschefs zusammen. Bis zum 11. Dezember sollen Vertreter aus 195 Staaten einen Vertrag aushandeln, um den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase zu verringern und die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 unter zwei Grad zu halten. Für Entwicklungsländer, die unter den Folgen des Klimawandels leiden, ist finanzielle Unterstützung vorgesehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2015)

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