Nach Köln-Übergriffen: Deutsche Bahn setzt auf Kameras

An Bahnhöfen wie hier in Köln soll die Videoüberwachung ausgebaut werden.
An Bahnhöfen wie hier in Köln soll die Videoüberwachung ausgebaut werden. imago/Manngold
  • Drucken

Um sexuelle Übergriffe zu verhindern, sollen Bahnhöfe mehr überwacht werden. Ausmaß der Silvester-Gewalt größer als gedacht.

Berlin/Köln. Nach den massenhaften Übergriffen auf Frauen am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht zieht die Deutsche Bahn Konsequenzen, um ähnliche Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Neben dem Sicherheitspersonal auf den Bahnhöfen solle auch die Videobeobachtung an relevanten Knotenpunkten ausgebaut werden, berichtete die „Bild am Sonntag“. Bahnvorstand Ronald Pofalla sagte der Zeitung, das Unternehmen bereite sich „auf viele Szenarien vor, um schnell agieren zu können“.

Noch immer ist die Aufarbeitung des Geschehens in der Silvesternacht in Deutschland nicht abgeschlossen. Am Samstag kamen neue Details ans Licht: Nach übereinstimmenden Berichten mehrerer deutscher Medien war das Phänomen der sexuellen Gewalt an Silvester noch weiter verbreitet als bisher angenommen. Demnach kam es zum Jahreswechsel in zwölf der 16 deutschen Bundesländer zu sexuellen Übergriffen und zum Teil damit verbundenen Diebstählen.

Die Informationen von WDR, NDR und der „Süddeutschen Zeitung“ stammen aus einem vertraulichen Lagebericht des deutschen Bundeskriminalamts (BKA), in Auftrag gegeben von den Innenministern der Bundesländer. Die meisten Fälle wurden aus Nordrhein-Westfalen (über 1000 Straftaten, vor allem in Köln, Düsseldorf und Bielefeld) und Hamburg (fast 200, meist reine Sexualdelikte) gemeldet. Mit deutlichem Abstand folgt Hessen mit 31 Fällen, Bayern mit 27, Baden-Württemberg mit 25, Bremen mit elf und Berlin mit sechs Fällen. Einzelfälle solcher Straftaten habe es auch in Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland gegeben. Die Ermittlungen seien nicht abgeschlossen, sodass sich die Zahlen noch ändern könnten.

Keine Verabredungen

Auch gehen die Beamten laut dem BKA davon aus, dass es in den meisten Fällen keine Verabredung der Täter gegeben habe. In keinem Fall gebe es Erkenntnisse über eine Verbindung zur organisierten Kriminalität, heißt es außerdem. Unter den Tatverdächtigen, die ermittelt werden konnten, sind zwölf deutsche Staatsbürger und 60 Männer ausländischer Herkunft, so aus Algerien, Marokko, Tunesien, dem Irak, Afghanistan und Syrien. Bei den Tätern handelt es sich meist um junge Männer zwischen 17 und 30 Jahren. Die Opfer sind fast ausschließlich Frauen.

Die Übergriffe in der Silvesternacht haben in Deutschland auch starken Einfluss auf die Flüchtlingsdebatte genommen. Die Integrationsbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), äußerte sich am Wochenende in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ „entsetzt“ über die Geschehnisse. Diese hätten die Atmosphäre „vergiftet“. „Aber einige hundert Kriminelle stehen ganz sicher nicht für eine Million Flüchtlinge, es dürfen nicht alle unter Generalverdacht gestellt werden“, sagte Özoguz. (red./ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.