Naturpark-Besetzer: „Wir sind bereit zu sterben“

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FILES-US-UNREST-MILITIA-PROTEST(c) APA/AFP/ROB KERR (ROB KERR)
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Rechtsradikale Milizionäre besetzen seit Wochen ein Naturschutzgebiet in Oregon. FBI und lokale Polizei hielten sich lang zurück. Nun schicken sie sich an, dem Spuk ein Ende zu bereiten.

Washington. Ein Toter, ein Verwundeter, sieben Verhaftete: Beamte der US-Bundespolizei FBI und der örtlichen Sicherheitsbehörden haben am späten Dienstagnachmittag damit begonnen, die illegale und bewaffnete Besetzung eines Naturschutzgebietes im US-Teilstaat Oregon nach mehr als drei Wochen zu beenden. Bei einer Verkehrskontrolle auf einer abgelegenen Landstraße kam es zu einer Schießerei zwischen Polizeibeamten und einer Handvoll Landbesetzern; dabei wurde einer ihrer Sprecher, der Rancher Robert LaVoy Finicum, getötet und Ryan Bundy leicht verletzt. Bundy sowie weitere sechs der Besetzer wurden an Ort und Stelle verhaftet.

Wie viele Milizionäre sich noch in den Gebäuden der Malheur National Wildlife Refuge befinden, ist unklar. Ein vor Ort stationierter Reporter des Oregon Public Radio sprach am Mittwoch von höchstens einem Dutzend. Später erklärte einer der Besetzer dem Reporter gegenüber, „fünf oder sechs von uns“ hätten sich dazu entschlossen auszuharren: „Wir sind bereit zu sterben.“ Die Besetzer sind mit Faustfeuerwaffen und Sturmgewehren bewaffnet und tragen militärische Tarnkleidung. Das FBI und die Polizei von Oregon haben alle Zufahrtsstraßen zum Naturschutzgebiet abgeriegelt, das knapp doppelt so groß wie Wien ist.

Alter Streit um Weidegebühren

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Der Hintergrund dieser ungesetzlichen Landnahme durch eine kleine Gruppe rechtsextremer Aktivisten, die auch durch Gehässigkeiten gegenüber Moslems, Schwarze und andere Minderheiten aufgefallen sind, reicht bis in die 1970er-Jahre zurück. Damals erhob sich in den westlichen Teilstaaten der USA die Sagebrush Rebellion, eine nach dem in der Prärie allgegenwärtigen Wüstensalbei benannte Protestbewegung, welche die Kontrolle unbesiedelter Prärien und anderer Naturlandschaften durch die US-Bundesregierung ablehnte.

Schon in den 1930er-Jahren hatte die US-Regierung unter Präsident Franklin D. Roosevelt begonnen, die Prärien des Westens unter Kontrolle zu bringen und die freie Besitznahme von Weideland zu verbieten. Roosevelt zog damit eine Lehre aus der Zerstörung des Bodens durch unkontrollierte Viehzucht und Feldwirtschaft, die in den Jahren von 1935 bis 1938 zu den verheerenden Sandstürmen der Dust Bowl und der Vernichtung der Lebensgrundlage von Hunderttausenden Bauern und Viehzüchtern führte.

Faustrecht in der Prärie

Wer sein Vieh auf diesen Prärien weiden lassen will, muss seither Gebühr dafür zahlen. Cliven Bundy, ein Rancher aus Nevada, blieb zwei Jahrzehnte lang Zahlungen von in Summe rund einer Million Dollar schuldig, während seine Rinder unkontrolliert in naturgeschützten Gebieten grasten. Als ihn die Bundesbehörden im Frühjahr 2014 pfänden wollten, trommelte er Hunderte Sympathisanten zusammen und drohte mit bewaffnetem Widerstand. Die Behörden zogen sich zurück, Bundy musste nicht zahlen. Seine Söhne, Ammon und Ryan, nahmen heuer am 2. Jänner einen ähnlichen Fall in Oregon zum Anlass, den Malheur-Park zu besetzen: Dwight und Steven Hammond, zwei örtliche Viehzüchter, waren wegen der Brandstiftung im Naturschutzgebiet zu Haftstrafen verurteilt worden.

Allerdings haben die Hammonds ihre Strafen mittlerweile angetreten und sich von den Milizionären distanziert. Vor Ort gibt es für die Besetzung wenig Sympathie: Keiner der verhafteten Milizionäre ist aus Oregon. Währenddessen befürchten Vertreter der Indigenen, dass die Besetzer jahrtausendealte Kulturgüter zerstört haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2016)

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