PIP-Brustimplantate: Vier Jahre Haft für Firmengründer

Firmengründer Jean-Claude Mas.
Firmengründer Jean-Claude Mas. APA/AFP/BORIS HORVAT
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Weltweit sind rund 300.000 Frauen betroffen. Die Firma verwendete billiges Industrie- statt Spezial-Silikon für die Implantate.

Im Skandal um minderwertige Brustimplantate der französischen Firma PIP hat ein Berufungsgericht in Aix-en-Provence Unternehmensgründer Jean-Claude Mas (76) zu vier Jahren Haft wegen schweren Betrugs und vorsätzlicher Täuschung verurteilt. Damit folgten die Richter dem Antrag der Staatsanwaltschaft und dem Urteil der Vorinstanz.

PIP (Poly Implant Prothese) hatte mehrere Jahre lang Brustimplantate mit billigerem Industrie-Silikon statt mit Spezial-Silikon gefüllt. Diese Kissen reißen leichter und können Entzündungen auslösen

Weltweit wurden 300.000 Frauen Implantate der Firma eingesetzt. Deutsche und französische Behörden empfahlen Betroffenen, die Implantate vorsorglich entfernen zu lassen - allein in Frankreich kamen mehr als 18.000 Frauen dieser Empfehlung nach. In Österreich vertritt der Verein für Konsumenteninformation (VKI) 69 Betroffene.

Bis zu 3000 Euro Entschädigung möglich

Neben dem Firmengründer standen vier leitende Angestellte vor Gericht. Sie wurden nach VKI-Angaben zu teilweise bedingt ausgesprochenen Haftstrafen verurteilt. Die Entscheidungen sind demnach nicht rechtskräftig.

Der VKI kündigte in einer Aussendung an, nach Rechtskraft der Urteile Schadenersatzansprüche bei einem französischen Fonds für Verbrechensopfer anmelden. So könne zumindest bis zu einem Höchstbetrag von 3000 Euro für die Österreicherinnen Entschädigung erlangt werden. Nach Angaben des VKI-Juristen Stefan Schreiner ist innerhalb von fünf Tagen ein Rekurs gegen die Entscheidungen des Berufungsgerichts möglich. Wird ein solches Rechtsmittel eingelegt, würde das Verfahren zum Höchstgericht gehen.

Genugtuung für Frauen

Mit 69 Frauen sind Österreicherinnen die größte Gruppe ausländischer Frauen, die sich dem französischen Strafverfahren gegen PIP angeschlossen haben. In Summe geht es für die österreichischen Geschädigten um rund 570.000 Euro, erklärte der VKI.

"Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist für die betroffenen Frauen zunächst einmal eine Genugtuung. Es zeigt, dass Praktiken wie bei PIP nicht ungestraft bleiben", meinte VKI-Juristin Ulrike Wolf, die gemeinsam mit der französischen Rechtsanwältin Sigrid Preissl-Semmer die Urteilsverkündung in Aix-en-Provence mitverfolgte.

Die aus den mangelhaften Prothesen entstandenen Schäden könnten die Betroffenen gegen den Hersteller geltend machen. Doch PIP ist insolvent. Aus heutiger Sicht sei für die Geschädigten dort nichts zu holen, erläuterte der VKI.

(APA/AFP)

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