WhatsApp wehrt sich gegen Sperre: "Völlig überzogen"

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Themenbild: WhatsAppAPA/AFP/GETTY IMAGES (JUSTIN SULL)
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In Brasilien hat ein Richter eine dreitätige Blockade des Dienstes verfügt, weil Facebook ihm Informationen in einem Drogenprozess verweigerte.

In kaum einem Land wird der Internetdienst WhatsApp so stark genutzt wie in Brasilien. Ausgerechnt dort wurde  WhatsApp auf Anordnung eines Richters für drei Tage blockiert. Hintergrund für die landesweite Blockade der beliebten Smartphone-App ist offenbar ein Gerichtsstreit mit der Muttergesellschaft von WhatsApp, Facebook.

Das Unternehmen bezeichnete den Schritt als völlig unverständlich und überzogen. Die Richterentscheidung war den fünf führenden Telefonanbietern des fünftgrößten Landes der Welt übermittelt worden. Damit soll die Herausgabe von Chat-Protokollen in Kriminalfällen an die Ermittler erwirkt werden. Mit der Anordnung habe der Richter auf die Weigerung von Facebook reagiert, ihm Informationen für ein Strafverfahren gegen einen Ring mutmaßlicher Drogenschmuggler zur Verfügung zu stellen.

Seit Montag blockiert

Der drastische Schritt wurde im Bundesstaat Sergipe von dem Richter Marcel Montalvao angeordnet, der auch die kurzzeitige Festnahme des Vizepräsidenten von Facebook für Lateinamerika, Diego Dzodan, Anfang März verfügt hatte. Dzodan wurde damals vorgeworfen, er habe sich einer richterlichen Anordnung widersetzt, Gesprächsprotokolle mutmaßlicher Drogenhändler an die Ermittler weiterzugeben. Worum es in dem aktuellen Fall genau geht, wurde zunächst nicht bekannt.

Seit Montagnachmittag funktionierte der Dienst in Brasilien nicht mehr, einzelne Ausnahmen gab es zeitweise mit WLAN-Verbindungen. WhatsApp hat die SMS-Textnachrichten weitgehend abgelöst, mit einer Internetverbindung können über den Dienst kostenlos Nachrichten, Fotos und Videos verschickt werden. Das weltgrößte Online-Netzwerk Facebook hatte WhatsApp 2014 für rund 22 Milliarden Dollar (heute 19,14 Mrd. Euro) gekauft. Weltweit gibt es eine Milliarde Nutzer.

"100 Millionen Brasilianer bestraft"

WhatsApp reagierte mit Unverständnis - im Rahmen seiner Möglichkeiten habe man immer mit der brasilianischen Justiz kooperiert. "Diese Entscheidung bestraft mehr als 100 Millionen Brasilianer, die von unserem Service zur Kommunikation abhängen." In kaum einem Land wird WhatsApp so genutzt wie in Brasilien - sei es die Verabredung zum Strandbesuch, das Bestellen des Taxis, das Reservieren im Restaurant.

Der Konkurrenzdienst "Telegram" verzeichnete nach Angaben des Portals "O Globo" binnen kurzer Zeit eine Million neue Nutzer. Im Falle einer Weigerung zur Blockade drohen den Mobilfunkanbietern Strafen von rund 500.000 Reais (126.749,14 Euro) pro Tag.

Die brasilianische Justiz übt immer wieder Druck aus, um an Chatprotokolle über womöglich kriminelle Handlungen heranzukommen. Im Dezember war WhatsApp bereits für rund einen Tag blockiert worden, Facebook-Chef Mark Zuckerberg sprach von einem "traurigen Tag für Brasilien". Der Dienst stellte jüngst komplett auf die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung um, bei der auch die Betreiber keinen Zugriff auf die Inhalte der Unterhaltungen haben.

(APA/AFP/DPA)

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